22.8.06
Geologische Heimatkunde: Auf Lehrpfaden in unsere Urzeit
Baden-Württemberg
ist GeoLand! Aus geologischer Sicht gehört es zu den abwechslungsreichsten
Gebieten Deutschlands. Die ältesten Gesteine des Landes, die nachweislich
inzwischen über 1 Milliarde Jahre bestehen, finden sich im Grundgebirge
des Schwarzwalds. Darüber liegen vielfältige Sedimentgesteine des
Trias mit Buntsandstein (Freiburger Münster), Muschelkalk und Keuper,
bis hin zu den markanten Kalkgesteinen der Oberen Jurazeit, die
die malerische Schwäbische Alb aufbauen. Die jüngere Geologische
Geschichte (Erdneuzeit) wird von tertiären Sedimenten geprägt; die
Alpen entstanden und in Folge dieser gewaltigen Gebirgsbildung brach
der Rheingraben ein, Schwarzwald und Vogesen wurden zu den heutigen
Mittelgebirgen herausgehoben und im Südosten von Baden-Württemberg
bildete sich im Voralpenland der Molassetrog. Vulkanismus im Hegau,
auf der Schwäbischen Alb und natürlich am Kaiserstuhl machten der
geologischen Geschichte im wahrsten Sinn des Wortes Feuer.
Auf Feuer folgte Wasser, besser gesagt gefrorenes Wasser: Es flossen
riesige Eismassen aus den Alpentälern. Auch im Schwarzwald, vor
allem im Südschwarzwald entstanden gewaltige eiszeitliche Gletscher,
die beispielsweise im Bereich des heutigen Hinterzartens rund 200
m Mächtigkeit erreichten! Nach dem letztmaligen Abschmelzen dieser
Gletscher vor nunmehr rund 11.500 Jahren hatte die Landschaft endlich
in groben Zügen ihre Form erhalten, wie wir sie heute kennen.
Die geologische Geschichte des Landes erschließt sich seit einigen
Jahren durch etliche geologische oder Naturlehrpfade. Sie vermitteln
auch dem wenig informierten, aber interessierten Laien geologische
Zusammenhänge mit Bezug zur Örtlichkeit zu meist über Lehrtafeln,
manchmal auch über Broschüren. Südbaden ist diesbezüglich besonders
gut ausgestattet: Erst in diesem Jahr wurden im Kaiserstuhl -
gefördert mit PLENUM*-Mitteln - vier Themenpfade angelegt, von
denen der Geolehrpfad Eichstetten sehr empfohlen werden kann.
Der Brunnenlehrpfad in Bötzingen erzählt viel über die Geschichte
und die Nutzung des Wassers, in Riegel führt der Naturpfad Michaelsberg
unter anderem zu einer hohen Lösswand hinter der ehemaligen Brauerei
Riegel, an der - gleichsam als offenes Bilderbuch vergangener
Kälteperioden - mehrere Eiszeiten dokumentiert sind: Ein Geologischer
Weinlehrpfad, der die Geologie mit dem Weinbau verbindet, befindet
sich in Achkarren. Hier werden Geologie und Böden aus Kaiserstuhl-Vulkangestein
und aus Löss in Bezug zur Qualität und zum Geschmack des Weines
gesetzt - Erkenntnisse, die man im Weinbaumuseum - ebenfalls mit
viel Geologie - oder ganz praktisch mit einem guten Viertele überprüfen
kann. Über den Limberg führt der Wissenschaftliche Lehrpfad bei
Sasbach, einer der ältesten und zugleich am besten gepflegten
Lehrpfade des Landes. Geologie, Pflanzen- und Tierwelt, Besiedlungsgeschichte
und natürlich der Weinbau sind Themen, die an einem Nachmittag
bequem und unterhaltsam erwandert werden können.
Im Südschwarzwald können im Großraum Schönau-Wieden-Utzenfeld
zwei geologische Lehrpfade erkundet werden: Der Pfad ins Erdaltertum
entführt den Wanderer in die Zeit des Devon und Karbon und zeigt
und erzählt von alten Vulkanen, von Meeren und Gebirgen und auf
dem Wiesegletscher-Pfad folgt man den großen Eisströmen, bekommt
die Landschaftsveränderungen durch das Eis erklärt und erreicht
schließlich den größten Findling des Schwarzwalds! Diese beiden
Lehrpfade erschließen sich allerdings nicht über Infotafeln, sondern
man muss sich die erläuternden Broschüren in den Rathäusern der
umliegenden Gemeinden besorgen.
Im Dreisamtal, östlich von Freiburg-Ebnet beginnt der Freiburger
Wasserweg, der zum "Internationalen Tag des Wassers 2001" von
der Freiburger Energie- und Wasserversorgung (FEW) eingerichtet
wurde. Auf interessanten und didaktisch gut gestalteten Infotafeln
erfährt der Besucher Vieles über das Wasser des Dreisamtals. Ebenfalls
um einen Wasser-Lehrpfad handelt es sich bei dem Erlebnispfad
Wasser in Titisee, der beim ehemaligen Eisweiher beginnt und entlang
dem Seeufer in das obere Gutachtal führt.
Abschließend sollen einige Geotope oder geologisch wichtige Landschaftsteile
empfohlen werden, die einen schönen Sommernachmittag ohne weiteres
füllen können: Der Isteiner Klotz und die Isteiner Schwellen bieten
sich hier geradezu an. Landschaftlich reizvoll ist eine Wanderung
um den Klotzenfelsen, um anschließend an den Schwellen im Altrhein
die Beine ins Wasser baumeln zu lassen und sich die großen bunten
Kieselsteine zu betrachten, die der Rhein aus den Alpen herangeschafft
hat; und - falls man noch Zeit und Lust hat, kann man noch einen
Besuch im Museum in der Alten Schule in Efringen-Kirchen anschließen,
in dem die Geologie der Landschaft und die Volkskunde seiner Bewohner
in einem kleinen aber feinen Rahmen geboten werden.
Natürlich nicht nur, aber insbesondere bei schlechtem Wetter
empfehlen sich die Museen mit geowissenschaftlichen Abteilungen
und Themen: In Freiburg sind es das Adelhauser Museum in der Gerberau
sowie die sehr sehenswerte Ausstellung des Instituts für Mineralogie,
Petrographie und Geochemie der Albert-Ludwig-Universität in der
Albertstraße. Neben zahllosen prächtigen Mineralen und Kristallen
kann man auch im kleinen Freigelände einen interessanten Steingarten
mit großen Felsbrocken aus aller Herren Länder bewundern. Im Freilichtmuseum
Historische Steinbrüche Pfaffenweiler wurden seit Jahrhunderten
feinkörnige Kalksandsteine gebrochen, die zu Bau- aber auch zu
Ornamentsteinen und zu Skulpturen weiter verarbeitet wurden. Im
Freilichtmuseum und im Museum im Dorf kann diese Zeit wieder lebendig
werden.
Edelsteine und die Edelsteinschleiferei waren in der Region,
insbesondere in Freiburg, im Mittelalter ein wichtiger Gewerbezweig.
In Waldkirch kann die letzte historische Edelsteinschleiferei,
die von der Firma Wintermantel in alter Tradition erhalten wird,
besichtigt werden.
Malerische Wasserfälle finden sich bei Todtnau, wo das Stübenbächle
über eine steile Wasserfallstufe über 60 m in die Tiefe fällt,
dann bei Simonswald die Zweribachfälle und schließlich bei Triberg
der weltbekannte Triberger Wasserfall, der über sieben Kaskaden
über 162 m Fallhöhe hinab stürzt und der jährlich Zehntausende
begeisterter Wanderer anlockt.
Malerische Felsen an beliebten Wanderwegen sind die Sieben-Felsen
bei Elzach oder die Güntherfelsen bei Furtwangen, in deren Nähe
gleich noch die kleine Bregquelle besucht werden kann. Diesem
unscheinbaren Rinnsal sieht man noch nicht an, dass es - verstärkt
durch Brigach und weitere Nebenbäche und -flüsse, nach 2840 km
als gewaltiger Donaustrom ins Schwarze Meer münden wird.
All diese genannten Geotope, Einrichtungen und Geoobjekte sind
bei weitem nicht alles, was Baden-Württemberg oder speziell Südbaden
zu bieten hat! Für Näheres und vieles Weitere wird die Geotouristische
Karte GTK 200 Schwarzwald mit Umgebung empfohlen (ISBN 3-00-014219-3),
in der auch Beschreibungen, Öffnungszeiten und Adressen verzeichnet
sind.
RP
Freiburg, J. Müller-Bremberger
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