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Die Schauküche
im Schloss Favorite erstrahlt im neuen Glanz
Eine besondere Attraktion
im Jagd- und Lustschloss der Markgräfin Sibylla Augusta, Schloss
Favorite, ist seit ehedem die Schauküche, die nun, nach einjährigen
Bau- und Renovierungsarbeiten, im neuen Glanz erstrahlt.
Die junge
Witwe des Türkenlouis ließ für sich und ihren Sohn, den Erbprinzen
Ludwig Georg, der wegen seiner Jagdleidenschaft Jägerlouis genannt
wurde, das Schloss Favorite errichten. Im Erdgeschoss wurden zwei
Küchen eingerichtet: Eine unter dem Appartement ihres Sohnes, die
Nutzküche, in der für die Herrschaften gekocht wurde, und eine unter
ihren eigenen Räumen, eine Schauküche, in der sie ihre reiche fürstliche
Sammlung an Fayencen und Geschirr präsentierte.
Sie folgte damit
der barocken Mode, die Julius Bernhard von Rohr 1733 in der "Ceremoniel-Wissenschaft
der großen Herren" so beschrieb: "...Über die ordinair-Zimmer (der
Dames) werden vor diejenige, die vor andern Liebhaber von Künsten
und von der Hauß=Wirtschaft sind, besondre kleine Küchen angerichtet,
darinnen sie sich bißweilen gefallen lassen, ihre besondre Versuche
anzustellen, und darinnen alles was man in einer Küche braucht,
entweder von Silber oder von Porcelain, oder von einer anderen guten
und nicht gemeinen Materie angetroffen wird."
Die Ausstattung einer
Prunkküche als Repräsentationsraum kam aus Holland und wurde von
protestantischen Fürstinnen und reichen Nürnberger Bürgerinnen übernommen.
Es gab auch Gartenküchen, die nur mit Porzellan und Steingut bestückt
waren.
Die historische Präsentationsart von Fayence- und Steinzeugsammlungen
wurde von den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg
bei der Neueinrichtung der Küche wieder aufgegriffen, die hier die
umfangreiche Favoriter Sammlung von Fayencen früher europäischer
Manufakturen, wie Delft, Hanau, Durlach und Straßburg, anhand ausgewählter,
besonders qualitätsvoller Stücke präsentieren.
In den fünf Erdgeschossräumen,
die an die Schauküche angrenzen, werden in den Raummitten in Sockelvitrinen
die Highlights der Sammlung gezeigt, ohne den kellerähnlichen Raumeindruck
des Erdgeschosses des Schlosses zu beeinträchtigen . Diese moderne
Präsentationsart, die das Objekt in den Mittelpunkt der Betrachtung
stellt, wird in der eigentlichen Prunkküche mit ihrer gemauerten
Herdstelle und den historischen pyramidalen Gestellen und Schränken
aufgebrochen. In dem "Kuchelgewölb" folgt man der barocken Präsentation
mit dem Schwerpunkt auf der Masse, indem die gesamte Sammlung Hanauer
Fayencen in diesem Raum zur Aufstellung kommt.
Einen besonderen
Schwerpunkt in der neuen Ausstellung bilden die Fayencen aus Straßburg,
die durch Markgraf Ludwig Georg in die Keramiksammlung gelangten
und bis heute die Besucher faszinieren. Das so genannte "Schauessen"
gibt es in keiner weiteren deutschen Sammlung in gleicher Qualität
und Vielzahl. Der "Jägerlouis" hatte die Straßburger Fayencen zusammen
mit einigen herausragenden Fayencen der Manufaktur Höchst zur Zier
seiner Festtafel erworben, mit denen die von ihm so sehr geschätzten
Hofjagden ihren festlichen Höhepunkt fanden. Der Kohlkopf ist Zeugnis
aus der Blütezeit der Straßburger Manufaktur unter der Leitung von
Paul Hannong. Der Keilerkopf sowie die vielen verschiedenen Vögel,
die eigentlich die Funktion von Terrinen haben, erfreuen neben der
skurrilen Schildkröte und den im 18. Jahrhundert außergewöhnlichen
und teuren Pflanzen, wie Zitronen und Artischocken, noch heute das
Auge des Betrachters.
Ein weiterer Raum ist den besonders erlesenen
Delfter Fayencen gewidmet. Die Delfter Manufakturen waren berühmt
für ihre allerbeste Nachahmung ostasiatischer, blau-weißer Porzellane.
Die dünnen Scherben, wie das kräftige Blau waren Ausdruck dieser
Qualität. Die Delfter Fayencen aus der Manufaktur des Samuel Eenhorn
und Adrian Kocke in Schloss Favorite zählen zu den bedeutendsten
Beständen ihrer Art, die sich in einer historischen europäischen
Sammlung erhalten haben. Möglicherweise ist der Grundstock dieser
Sammlung Sibylla Augustas, ein Hochzeitsgeschenk ihrer Mutter, wie
eine Nachricht des 19. Jahrhunderts festhält.
Den Delfter Fayencen
begegnet der Besucher in einem nächsten Raum, der den Gartenkeramiken
gewidmet ist. Hier sind vor allem Orangenkübel zu sehen, in denen
zur Zeit der Markgräfin die kostbaren Zitronen- und Orangenbäumchen
aufgestellt wurden. Unter dem seltenen Bestand von insgesamt 15
erhaltenen Zierkübeln, fällt das Paar Orangenkübel mit dem Wappen
des englischen Königs Wiliam III. auf. Möglicherweise gehörten sie
zu den opulenten Geschenken, die der Türkenlouis von seinem Aufenthalt
am englischem Hof im Jahr 1694 seiner Gemahlin mitbrachte.
Zu guter
Letzt ist ein ganzer Raum der Durlacher Fayencemanufaktur zugeordnet.
Hier bestechen besonders zwei wunderbare Vasen mit ornamental durchbrochenen
Deckeln und zwei Kandelaber mit Puttenarmen als Kerzenhalter, die
einst im Karlsruher Schloss hingen.
Ein Besuch in der neuen, alten
Prunkküche ist im Rahmen einer Schlossführung möglich und allemal
lohnenswert. Sonderführungen zu diesem Thema sind auch angeboten.
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