Heinrich (I.) der Ältere von Braunschweig (* um 1173/74; † 28.
April 1227 in Braunschweig) aus der Familie der Welfen
war von 1195 bis 1212 Pfalzgraf bei Rhein. In der Welfenfamile
trägt er die Zählung als V., bei den Rheinischen
Pfalzgrafen die Nummer I.
Heinrich war der älteste Sohn Herzog Heinrichs des
Löwen und Mathildes von England und älterer Bruder
des nachmaligen Kaisers Otto IV. Er war bereits in jungen
Jahren mit Agnes von Staufen, der Tochter des rheinischen
Pfalzgrafen Konrad, verlobt – eine Verbindung, die
dem staufisch-welfischen Ausgleich dienen sollte, aber
mit dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 durch die politische
Entwicklung überholt war. Nachdem deren Vater zunächst
ein Heiratsprojekt mit dem französischen Königshaus
favorisiert hatte, ließ ihre Mutter Irmgard von Henneberg
1194 den früheren Verlobten nach Bacharach kommen,
wo die Ehe ohne Zustimmung des Pfalzgrafen geschlossen
wurde. Da nach der Thronbesteigung Heinrichs VI. eine neue
staufisch-welfische Aussöhnung geboten war, fand die
Heirat die Zustimmung des Vaters sowie des Kaisers.
Der Übergang des pfalzgräflichen Erbes auf die
weibliche Linie war vermutlich durch Pfalzgraf Konrad bereits
zu dieser Zeit gesichert. Agnes war von Seiten ihres Vaters
Trägerin der Erbansprüche auf die rheinische
Pfalz, von Seiten ihrer Mutter der auf die Vogtei über
das Kloster Lorsch.
Nach dem Tod des Pfalzgrafen Konrad und des Herzogs Heinrich
des Löwen 1195 trat Heinrich das Erbe sowohl in der
Pfalzgrafschaft als auch im Herzogtum Sachsen an. 1197
brach er zusammen mit Erzbischof Konrad von Mainz zum Kreuzzug
auf, den er durch Verpfändung der Grafschaftsrechte
im Mayenfeld südlich der Mosel und einiger Dörfer
zwischen Bingen und Mainz an die Grafen von Sponheim sowie
die Abtretung der Hochvogtei mit den Rechten in der Stadt
Trier an den dortigen Erzbischof finanzierte. Dass Heinrich
diese Rechte veräußerte, zeigt, dass zu seiner
Zeit sich die Pfalzgrafschaft mehr und mehr aus dem Moselraum
zurückzog.
Nach dem plötzlichen Ende des Kreuzzugs und dem Tod
des Kaisers kehrte Pfalzgraf Heinrich nach Deutschland
zurück, wo er im staufisch-welfischen Thronstreit
1198 zunächst Partei für seinen jüngeren
Bruder Otto ergriff. Durch die Vorherrschaft der staufischen
Partei unter Philipp von Schwaben konnte Heinrich zunächst
kaum in der Pfalz Fuß fassen, wechselte jedoch nach
Differenzen mit seinem Bruder 1204 ins staufische Lager
und konnte damit eine weitere Schmälerung der Pfalzgrafschaft
durch das Erzbistum Mainz verhindern. Nach der Ermordung
Philipps konnte sich Otto IV. allgemein durchsetzen und
auch wieder auf die Unterstützung seines Bruders zählen.
1211 zog sich Heinrich aus der Pfalzgrafschaft zurück, übergab
sie seinem mittlerweile volljährigen Sohn Heinrich
II. und beschränkte sich auf sein sächsisches
Herzogtum, nannte sich aber weiter Pfalzgraf und Herzog
von Sachsen,
obwohl er lediglich Braunschweig als Herzogtum führte.
Während er weiter zur Partei seines kaiserlichen Bruders
hielt, unterstützte dieser ab 1212 den jungen Stauferkönig
Friedrich II. Herzog Heinrich
1214 starb Heinrich der jüngere kinderlos. Als erbberechtigt
wurde vorrangig seine jüngere Schwester Agnes angesehen,
die, wohl Anfang zwanzig, dem knapp siebzehnjährigen
Ludwig, Sohn des Bayernherzogs Otto, einem treuen Parteigänger
der Staufer, verlobt wurde. Die dem Markgrafen Hermann
V. von Baden vermählte ältere Schwester Irmengard
wurde mit Pforzheim (pfälzisches Allodialgut aus salischem
Erbe), Lindenfels, Bensheim, Oppau und Ilvesheim (pfälzische
Allodien aus Lorscher Klostergut) abgefunden.
Heinrich I. starb 1227 in Braunschweig und wurde im dortigen
Dom, seine Gemahlin Agnes von Staufen in Stade begraben.
Heinrich II. fand seine letzte Ruhestätte im pfälzischen
Hauskloster Schönau, wo auch schon sein Vor-Vorgänger im
Amt, Konrad von Staufen, lag.
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