Schwerpunktthema

Mannheim

Mannheimer Geschichtsblätter

N&N 2/96

Eine historische Zeitschrift für die Kurpfalz...

sind die Mannheimer Geschichtsblätter, die seit 1994 in "Neuer Folge" von der Gesellschaft der Freunde Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz in Verbindung mit dem Stadtarchiv und dem Reiß-Museum der Stadt Mannheim herausgegeben werden. Der zweite Jahrgang dieser an große Traditionen anknüpfenden Zeitschrift ist im letzten Herbst erschienen, und die Herausgeber vermelden im Vorwort stolz, daß auch die nächsten beiden Jahrgänge bereits mit Aufsätzen reich bestückt sind (und eigentlich nur noch auf den Erscheinungstermin warten). Sie knüpfen an die älteren "Mannheimer Geschichtsblätter" an, die als wissenschaftliche Zeitschrift der Gesellschaft bis in die 40er Jahre hinein erschienen sind und ein wichtiges Forum waren für die Mannheimer und Kurpfälzer Geschichte allgemein und die Aktivitäten des Vereins auf historischem und archäologischem Gebiet im besonderen. So enthielten die Mannheimer Geschichtsblätter zum Beispiel alle Ladenburger Ausgrabungsberichte der Gesellschaft.

Die Hefte verstehen sich als "Historisches Jahrbuch zur Archäologie, Geschichte und Zeitgeschichte, Kunst- und Kulturgeschichte Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz"; das breite Spektrum wissenschaftlicher Aufsätze ist durchaus geeignet, die wissenschaftliche Lücke, die die Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins auf Grund ihrer großen Bandbreite im nordbadischen Raum lassen muß, zu füllen. Dem Jahrbuch zugrunde liegen die Kurpfalz als Staat, Mannheim als regionaler Bezug und der gesamte Bereich von der Ur- und Frühgeschichte bis in die Gegenwart als zeitlicher Rahmen. Der erste Band, als Visitenkarte gewissermaßen, reichte dabei zeitlich vom Unterkiefer von Mauer und einem jungsteinzeitlichen Großgerät von Mannheim-Kirschgartshausen bis zur Revolution von 1918/19, der zweite Band stellt mehr das kurpfälzische 17. und 18. Jahrhundert in den Mittelpunkt.

Im Mittelpunkt des ersten Bandes berichtete Jürgen Rainer Wolf zum einen über einen bislang unbekannten Rechenschaftsbericht des Mannheimer Schloß-Baumeisters Jean Clemens Froimon für den Kurfürsten Karl Philipp und machte damit eine wichtige Quelle für die erste Zeit des Schloßbaus in Mannheim zugänglich, zum anderen über das Düsseldorfer Gießprojekt aus dem Jahre 1705, das heute (wieder) als Grupellos "Pyramide" den Mannheimer Paradeplatz ziert. Die Zusammenarbeit mit den Archiven der Region, vor allem mit dem Mannheimer Stadtarchiv, läßt die Hefte auch zu einer Fundgrube neuentdeckter oder wiedergefundener Archivalien und literarischer Notizen werden: Jörg Kreutz veröffentlichte Briefe des Père Desbillons an den kurpfälzischen Gesandten beim päpstlichen Stuhl Tommaso Marchese Antici, Klaus Heitmann zitierte Cosimo Alessandro Collini und seine Lettres sur les Allemands (1790), Gerhard Bauer und Wilhelm Herrmann bearbeiteten einen Reisebericht über Mannheim aus dem Jahre 1833.

Im zweiten Band referiert Alfried Wieczorek - ganz in der archäologischen Tradition der älteren Geschichtsblätter - über die spätrömischen Befestigungen des Neckarmündungsgebiets, also über die burgi von Neckarau und Altrip, und faßt so zum ersten Mal wissenschaftlich exakt die Ergebnisse der Ausbrabungen von 1880 bis 1936 zusammen. Umfangreiche Aufsätze sind dem Mannheimer Antikensaal - einer Attraktion der Stadt im 18. Jahrhundert - (Wolfgang Schierning, Horst Meixner u.a.), und den Treillagearchitekturen ("Zwittergebilde aus Architektur, Schreinerkunst und Pflanzenbewuchs") im Schwetzinger Schloßgarten (Wiltrud Heber) gewidmet.

Die Stadt Mannheim selbst wird in einem Aufsatz von Barbara Kilian über die Warenhäuser Kander, Schmoller und Wronker (Band 1) und Monika Ryll über die "gestalterische Entwicklung von Bahnhof und Bahnhofsplatz" (Band 2) thematisiert. Das 19. Jahrhundert ist durch einen Aufsatz von Hermann Hubbert über den bayerisch-badischen Gebietsstreit um die rechtsrheinische Pfalz nach 1803 und von Andrea Hoffend über die "Rolle des Mannheimer Linksliberalismus im Emanzipationsprozeß der deutschen Arbeiterbewegung nach 1860" vertreten. Friedrich Walter, Sepp Herberger und Friedrich Jacobi werden im Bereich der Personengeschichte behandelt.

Den Schluß der Bände nimmt jeweils ein umfangreicher Teil mit Buchbesprechungen ein, dazu tritt ein Jahresbericht der beteiligten drei Institutionen.

Geht man vom Inhalt der ersten beiden Bände aus, ist es vor allem ein Jahrbuch der Stadt Mannheim, ihres Umlandes und der alten Kurpfalz als staatliches Gebilde des Spätmittelalters und der Neuzeit. Das heißt aber, daß diese Kurpfalz in ihrer alten Hauptstadt Mannheim ihren Bezugspunkt hat. Orts- und Regionalgeschichte kommt nur innerhalb dieses Rahmens vor. Es ist insofern kein gesamt-kurpfälzisches Jahrbuch, keine Aufsatzsammlung, die sich zum Ziel setzte, die geschichtlich-kulturelle Verflechtung des Raumes zwischen Pfälzer Wald und Odenwald oder besser zwischen Alzey und Wertheim zu thematisieren. Das mag einstweilen am Angebot der Beiträge liegen.

Im ersten Band war ein Umfang von ca. 400 Seiten je Jahrgang angekündigt, und die Herausgeber meinten, ein „Wagnis" einzugehen. Da der zweite Band bereits 580 Seiten hat, der dritte und vierte Band schon „belegt" sind, kann man davon ausgehen, daß dieses „Wagnis" kein Wagnis mehr bleibt. Die "Mannheimer Geschichtsblätter" haben in der Tat schnell einen festen und am Bedarf des wissenschaftlichen Öffentlichkeit orientierten Platz als wissenschaftliches Organ der Kurpfälzer und der Mannheimer Geschichte eingenommen.


Mannheimer Geschichtsblätter. Neue Folge. Ein historisches Jahrbuch zur Archäologie, Geschichte und Zeitgeschichte, Kunst- und Kulturgeschichte Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz. Hg. von der Gesellschaft der Freunde Mannheims und der ehemaligen Kurpfalz, Mannheimer Altertumsverein von 1859, in Verbindung mit dem Stadtarchiv und dem Reiß-Museum der Stadt Mannheim. Band 1, 1994. Band 2, 1995. Sigmaringen: Thorbecke
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