„Zuwanderungsland
Deutschland“
Die Hugenotten
22.
Oktober 2005 bis 12. Februar 2006
Deutsches Historisches Museum, Berlin
Ausstellungshalle von I. M. Pei/EG
Deutschland
ist ein Zuwanderungsland. Mit dem Zuwanderungsgesetz von
2005 wird dieser Tatsache politisch Rechnung getragen. Damit
hat die Diskussion um Zuwanderungsfragen einen vorläufigen
rechtlichen Abschluß gefunden, indes in ihrer politischen
Bedeutung kaum an Aktualität verloren. Nur selten reicht
dabei die Erinnerung über die letzten Jahrzehnte hinaus.
Unter dem gemeinsamen Obertitel "Zuwanderungsland Deutschland"
hat das Deutsche Historische Museum deshalb zwei zeitgleich
präsentierte und einander erhellende Ausstellungen konzipiert
und 2005 realisiert. Mit diesen Ausstellungen "Migrationen
1500 - 2005" und "Die Hugenotten", möchte das Deutsche Historische
Museum das Bewußtsein dafür vertiefen, daß Zuwanderung nach
Deutschland alles andere als ein neues Phänomen ist, sondern
vielmehr eine lange und in vielen Aspekten wenig bekannte
Geschichte hat.
Die
Hugenotten
Die Hugenotten sind die bekannteste Gruppe von Migranten,
die sich in Ländern des Heiligen Römischen Reichs ansiedelte,
vor allem im protestantischen Brandenburg, Hessen und Franken.
Sie waren vertriebene reformierte Protestanten aus Frankreich,
die der von Johannes Calvin vertretenen Lehre folgten.
Die Herkunft der Bezeichnung "Hugenotte" ist ungeklärt,
und läßt sich heute nicht mehr genau ermitteln. Einer der
Versuche, die Entstehung des Wortes herzuleiten, beruft
sich auf die westfranzösische Sage von König Hugo. Da er
ihr zufolge als Gespenst in der Nacht umhergeisterte und
die Protestanten ihre Versammlungen abends abhielten, seien
sie in Anlehnung mit diesem Spottnamen belegt worden.
Aufgrund von politischer Ausgrenzung und religiöser Verfolgung
verließen im 16. Jahrhundert viele Calvinisten Frankreich.
Zu einem Exodus von etwa 150.000 Flüchtlingen kam es, als
Ludwig XIV. die reformierte Konfession 1685 ganz verbot.Die
Calvinisten fanden in den protestantischen Staaten Europas
aber auch in Nordamerika und Südafrika eine neue Heimat.
Im Exil, das sie "Refuge" nannten, grenzten sie sich zu
Anfang durch ihre Sprache und ihre kulturellen Eigenheiten
deutlich von der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung ab. Zunächst
wurde sie in den deutschen Aufnahmeländern als "Réfugiés"
(Flüchtlinge) oder als "Franzosen" bezeichnet. Erst später
setzte sich der Begriff "Hugenotten" durch, der sich auf
die Flüchtlinge und ihre Nachkommen bezieht.
Die Ausstellung beleuchtet die Anfänge des Protestantismus
im zunehmend absolutistisch regierten Frankreich. Anschließend
zeichnet sie die Flucht und die Aufnahme der Hugenotten
in den deutschen Ländern nach. Vergleichend thematisiert
sie die Lage in England und Holland. Darüber hinaus richtet
sie den Blick auf das Geschichtsbild, das von diesen Einwanderern
in der Folge selbst ausging oder durchdie herrschende Elite
gelenkt wurde.
Die Zuwanderung der Hugenotten ist historisch gut erforscht.
An ihrem Beispiel lassen sich die auch heute noch aktuellen
rechtlichen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Aspekte
einer Migrationsbewegung exemplarisch nachvollziehen. Bei
keiner anderen Gruppe kann der Prozeß der Integration über
einen so langen Zeitraum verfolgt werden.
Die Ausstellung "Die Hugenotten" entstand in Kooperation
mit dem Conseil général de la Moselle und wird anschließend
von Herbst 2006 bis Frühling 2007 in Metz gezeigt werden,
einer Stadt, die einen bedeutenden und später in ihren Zufluchtsorten
fruchtbar wirkenden Anteil von Hugenotten zu ihren Einwohnern
zählte.
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