Heidelberg: Den Garten des "Winterkönigs"
digital aufgebaut
European Media Laboratory zeigt 3D-Rekonstruktion
des berühmten "Hortus Palatinus" im Kurpfälzischen Museum
Seine
Wahl zum böhmischen König löste den Dreißigjährigen Krieg
aus und beendete die Blüte seiner Heimatstadt Heidelberg:
Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, der sogenannte "Winterkönig".
Sein größtes Bauprojekt war der "Hortus Palatinus", eine
riesige terrassenartige Gartenanlage direkt am Heidelberger
Schloss, die auch als "achtes Weltwunder" bezeichnet wurde.
Der mit geometrisch angelegten Beeten und Hecken sowie geheimnisvollen
Grotten ausgestattete Garten hoch über der Altstadt wurde
jedoch nie vollendet. Wissenschaftler des European Media
Laboratory (EML) haben den "Hortus Palatinus" digital rekonstruiert.
Die Präsentation findet in der Kurpfalzabteilung
des Museums statt - an der Stelle, an der bisher das Gemälde
des "Hortus Palatinus" (von Jacques Fouquières um 1620)
hing. Es wird erstmals an eine Landesausstellung verliehen,
dadurch ist der Raum frei geworden für die Installation
des virtuellen Schlossgartens. "So bleibt der "Hortus" dem
Museum weiterhin erhalten, allerdings durch ein modernes
Medium", freut sich Dr. Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen
Museums. "Und durch die dritte Dimension wird Geschichte
gerade auch für junge Museumsbesucher lebendig."
"Mit der Präsentation des virtuellen "Hortus
Palatinus" möchten wir Forschung erfahrbar machen", sagt
EML-Direktor Prof. Andreas Reuter. Denn der Flug über den
Garten des "Winterkönigs" ist nicht etwa aus der Luft gegriffen,
sondern basiert auf harten geographischen und kunsthistorischen
Fakten und einem Jahr akribischer Arbeit: Die Wissenschaftler
glichen die Geländedaten des heutigen Schlossgartens, eine
Fläche von rund 50.000 m2, mit den Originalplänen des Architekten
Salomon de Caus und anderen verfügbaren Quellen wie Gemälden
und Stichen ab. Dann erstellte der Filmgraphiker und EML-Mitarbeiter
Florian Hillenkamp am Computer ein dreidimensionales Modell,
durch das sich der "Besucher" des Gartens virtuell bewegen
kann. Er kann dadurch die geometrischen Zusammenhänge und
architektonischen Gestaltungsprinzipien besser erkennen.
Das virtuelle Modell des Schlossgartens ist
im Rahmen des Forschungsprojektes "GEIST" entstanden, das
vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert
wird. Ziel des Projekts ist ein tragbares Informationssystem,
das Schülern vor Ort Geschichtswissen aus der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges vermitteln soll. "GEIST" arbeitet mit der sogenannten
"erweiterten Realität": Über eine Spezialbrille sollen 3D-Modelle
historischer Gebäude in das Blickfeld des Nutzers eingeblendet
werden - genau an der Stelle, wo sie früher standen. Eine
Wissensdatenbank im Handy-Format stellt zusätzliche Informationen
zur Verfügung. Beteiligte Partner sind neben dem European
Media Laboratory das Fraunhofer Institut für Graphische
Datenverarbeitung und das Zentrum für Graphische Datenverarbeitung,
beide aus Darmstadt. Ziel des Projekts ist es, bis zum Jahr
2004 einen Prototypen zu entwickeln.
Nachtrag 2007:
Im Kurpfälzischen Museum wurde die Rekonstruktion in animierten
Videosequenzen großformatig an die Wandflächen projiziert,
an der zuvor das Gemälde des "Hortus Palatinus" und das
Portrait des "Winterkönigs" hingen. Die Installation wurde
zur Langen Nacht der Museen am 29. März 2003 als eine der
Attraktionen des Kurpfälzischen Museums eröffnet und war
dann bis zum 4. Mai zu sehen..
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