Spätmittelalter am Oberrhein |
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Straßburg und der Oberrhein |
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Sieben Tafeln eines Passionszyklus
Meister der Karlsruher Passion (Hans Hirtz?), Straßburg, um 1450/55
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Die Karlsruher Passion zählt zu den bedeutendsten Werken
der Straß-burger Malerei um 1450/55 und gehört zu den
überragenden der etwa gleichzeitig entstandenen und künstlerisch
vergleichbaren Schöpfungen der am Oberrhein und in anderen deutschen
Kunstlandschaften tätigen Maler wie Lukas Moser, Hans Muitscher, Konrad
Witz, Stefan Lochner, Johann Koerbecke oder Gabriel Angler d. Ä. Der
Karlsruher Passionsmeister beeindruckt und überrascht durch: die dichten
Figurenkompositionen, den unruhig-lärmenden Charakter der Szenen, die
fesselnde, intelligente Erzählweise, die gesteigerte Expressivität
der Gebärden und Gesten, die verwirrende Vielfalt präzis geschilderter
und stofflich charakterisierter Kostüme und datierbarer Waffen, die
mit intuitiv gefundenen Mitteln erzeugte Räumlichkeit, die an die
frühen Niederländer (Jan van Eyck) gemahnende Schilderung
atmosphärischer Naturstimmungen, die reiche Farbigkeit und die nuancierte
Wiedergabe von Licht und Schatten.
Der Meister dürfte sich bei der Ausgestaltung der Szenen außer auf die reiche abendländische Bildtradition auch auf volkssprachliche Passionstraktate gestützt haben. In ihnen werden der seine Leiden demütig ertragende Christus und seine Todesangst sowie die gnadenlos an ihm ausgeführten Torturen und seine barbarische Kreuzannagelung zum Erwecken des Mitleidens (Compassio) im Leser und als Aufforderung zur Nachfolge (Imitatio) Christi bis ins kleinste Detail erschreckend sachlich und zugleich tief anrührend vergegenwärtigt. |
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Katalog S. 106 - D.L. |
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