Vier Buchrezensionen zum Thema Römer und Römerzeit

beigetragen von Christa-G. Thies, Freiherr-vom-Stein Schule 51503 Rösrath
  • Werner Hörnemann: Hanno zwischen zwei Welten
  • Rosemary Sutcliff: Beric, der Ausgestoßene
  • Tanja Kinkel: Die Söhne der Wölfin
  • Rainer Schalk: Der Römer Schatz

Werner Hörnemann: Hanno zwischen zwei Welten

1993 Georg Bitter Verlag KG, Recklinghausen, 169 S. (bei Amazon gebraucht vorhanden)
Lesealter 8-12; eignet sich gut als Hintergrund zu einer Projektwoche über das römische Germanien

Zeit: Ende der 60er Jahre des 1. nachchristlichen Jahrhunderts
Ort: ein römischer Gutshof auf der linken Rheinseite, gegenüber der Siegmündung; später auch Colonia
Hauptperson: ein sugambrischer Junge, der vor der Blutrache seines Stamms zu den Römern flieht

Der Wechsel der Perspektive erlaubt es dem Erzähler, die römische Welt zugleich von außen und von innen zu schildern, denn der fremde' Junge erfährt alles neu, was den Bewohnern der Villa selbstverständlich ist. So erfährt auch der Leser Arbeitstechniken, wirtschaftliche Zusammenhänge, Organisationsformen von unten.
Hanno arbeitet sich ein und steigt zugleich die soziale Leiter hoch. Man bekommt mit, welcher Wert den eizelnen Tätigkeiten zugemessen wurde, welche Karrieren die dort arbeitenden Menschen hinter sich hatten, welche Erwartungen sie an ihr Leben stellen durften. Ganz zuletzt bekommt man sogar einen Eindruck von der Wichtigkeit des römischen Rechtslebens, der Gesetze und der Kenntnis davon.
Zugleich ist es ein Entwicklungsroman, denn der Junge macht Erfahrungen im menschlichen Bereich, lernt daraus und verändert sich. Der Autor hat einige spannungssteigernde Ereignisse hineingeschrieben, die allesamt mehr oder weniger glimpflich verlaufen, seien es Überfall oder Versklavung; lediglich die Krankheiten erweisen sich als Unglücksfälle, denen die Menschen hilflos ausgeliefert sind . Auf diese Weise wird auch der jugendliche Leser Erfahrungen machen, die das Verständnis des antiken Alltags vertiefen.

Rosemary Sutcliff: Beric, der Ausgestoßene

Bertelsmann Gütersloh, 1958, 303 S. (bei Amazon: Outcast, als Taschenbuch 7.71 Euro, Oxford Children's Classics)
Lesealter: ab 12, in der deutschen Version; die englische Kinderausgabe eventuell in einem bilingualen Zweig, wo Englisch auch als Lernsprache verwendet wird.

Zeit: römische Kaiserzeit
Ort: das römische Britannien, Rom, ein römisches Kriegsschiff
Hauptperson: ein junger Römer, der als Findelkind bei den Dumnonii, ganz im Westen Britanniens, aufwächst, wegen seiner Herkunft verstoßen, in Rom versklavt und auf die Galeeren geschickt wird. Schließlich gelingt es ihm, das verlorene Vertrauen in die Menschen wieder zu finden und sich auf der römischen Seite heimisch zu fühlen.

Auch in dieser Geschichte erfährt der Leser die verschiedenen Welten zusammen mit dem Protagonisten, wobei die Lebenssphäre der Einheimischen von Anfang an als bedroht erscheint, und zwar nicht auf Grund der römischen Eroberung Britanniens sondern durch Aberglauben und Vorurteile gegenüber allem Fremden. Der durch seine Arglosigkeit in Sklaverei geratene Beric lernt die römische Welt , ähnlich wie Hanno, ganz von unten kennen, kommentiert mit der Intelligenz und Beobachtungsgabe des einheimischen Jägers. Dadurch werden die portraitierten Römer in ihrem Seelenleben durchsichtig. Sie sind Vertreter der herrschenden Schicht, aber sie sind nicht alle schlecht oder ungerecht. Auch Klischees wie arrangierte Heiraten junger Mädchen mit Männern, die ihre Väter sein könnten, werden nicht dazu benützt, solche Sitten zu verdammen. So registriert Beric, dass Lucilla, die Tochter seines römischen Herrn, es bei ihrem Ehemann gut haben werde.
Ein ungelöstes Problem bleibt dagegen der Umgang mit Sklaven, die eigentlich Menschen sind, aber wie gefühlloses Eigentum behandelt werden.
Die Botschaft, die die Autorin für die Leser bereit hält, gilt beiden Völkern, beiden Ständen: nur wer sich eine Aufgabe stellt und unablässig daran arbeitet, kann glücklich werden. Der Eroberer, der das von ihm beherrschte Land bearbeitet, in diesem Fall eindeicht, der in seinem Haushalt freie Menschen beschäftigt und sie menschwürdig behandelt, verdient Vertrauen und kann zum Beschützer werden. Das fremde' Land wird für ihn zur Heimat. Letzteres Thema ist zwar einer in Großbritannien schreibenden Autorin aus ihrer eigenen Geschichte geläufig, gibt aber Anlass, es unabhängig von der pax Romana zu betrachten.

Tanja Kinkel: "Die Söhne der Wölfin"

Goldmann, 2002, 508 S., 10 Euro
Lesealter: ab 14
Die “Söhne der Wölfin“ sind natürlich Romulus und Remus, und die Geschichte beginnt mit der Schwangerschaft ihrer Mutter, die in diesem Roman Ilian heißt. Sie ist es, die im Mittelpunkt der Erzählung steht, die dadurch einerseits feministische Sichtweisen aufnimmt, andererseits mit Hilfe dieser Protagonistin ein farbiges Bild der damaligen Welt entwirft, das genau recherchiert und plastisch vermittelt wurde.
Rhea Silvia, alias Ilian, Tochter Numitors, Nichte des nur angemaßten Königs Amulius, zwangsverheiratete Ehefrau des Faustulus, Mutter von Romulus und Remus, Lebenspartnerin des Barden Ulsna, verbindet in ihrer Biographie nicht nur die etruskische und die latinische Welt- was an sich schon Stoff für einen Roman wäre, denn die unzivilisierten’ Latiner haben ihren reicheren Nachbarn einige Werte’ voraus, die sie in ihre spätere Stadtgründung einbringen werden. Ilian bewegt sich auch aus der italischen Welt hinaus, nach Korinth, zum Orakel von Delphi und schließlich nach Ägypten. Dabei beschäftigt sich die Verfasserin sowohl mit der praktischen Seite der Welterkundung, wie z. B. (mangelnden) Sprachkenntnissen, Finanzierungsproblemen, Formen schriftlicher Kommunikation,als auch mit der Schwierigkeit, andere Lebensweisen zu akzeptieren. Sie schlüpft dazu gelegentlich in die Rollen der Personen, mit denen sie ihre Heldin zusammen bringt, deren wichtigste der griechische Händler Arion, die Hetäre Procne und die ägyptische Fürstin von Sais sind.
Diese Aspekte haben das Buch für mich wirklich lesenswert gemacht, während die historisch-feministische Seite, z.B.die rituelle himmlische Hochzeit, bei der die Göttin von einer ihrer Priesterinnen verkörpert wird, oder die psychologische, nämlich das Liebe-Hass Verhältnis, das sich zwischen Ilian und ihrem Sohn Romulus entwickelt, und das schließlich zum Tod von Remus beiträgt,ein Stück individuelle Interpretation der Autorin bleiben. Zieht man aber die Frauengestalten der frühen Livius Bücher heran, so gewinnt auch letzterer Aspekt an Glaubwürdigkeit.
Alles in allem ein guter Einstieg in die frühe römische Geschichte, in die Geschichte des Mittelmeerraumes überhaupt, und in die Sozialgeschichte der römischen Frau, wenn man will.

Rainer Schalk: Der Römerschatz,

Emons Verlag Köln, 2000 ISBN 3-89705-101-X

Es ist klar, dass dieses Buch in Köln herauskommen musste, denn seine Handlung spielt in Köln. Im modernen Köln, unter modernen Menschen, Kindern wie Erwachsenen, die der Verfasser zwar stereotypisiert hat, dennoch kann sich auch der erwachsene Leser mit einem Schmunzeln mit ihnen befreunden. Da ist z.B. der Besuch einer Schulklasse im Römisch Germanischen Museum, an einem der letzten Schultage vor den großen Ferien: „die meisten waren nicht freiwillig da und hatten überhaupt keine Lust, sich mit der Kultur der alten Römer zu beschäftigen. Sie spielten lieber Fangen oder tauschten ihre neuesten Horror- Heftchen aus. Herr Lehnhoff legte seine Stirn in tausend kleine Kummerfältchen, während er vor dem Kassenhäuschen stand und dem Treiben ringsum zusah.“
Aber das Interesse der kindlichen Protagonisten wird geweckt, auf verschiedene Weise, z.T. wie in Kinderkrimis üblich, durch das den Raubgräbern abzujagende Diebesgut, eben den Römer Schatz; zum andern aber auch durch die Entwicklung, die Elfi, ein aus dem Braunkohlengebiet zwangsumgesiedeltes Mädchen, durchmacht, und die lässt der Verfasser gleich auf mehreren Ebenen geschehen: sie findet selbst etwas, das für sie wertvoll wird, sie versetzt sich aus ihrer eigenen in die Lage der ganz frühen Bewohner von Köln, und sie lernt, auf Grund ihrer anfänglichen Außenseiterposition, sich auf ein besonderes Fundstück, eines der berühmten Diatretgläser im Museum, zu konzentrieren.
Der Römerschatz als „Krimi für Pänz“, also für Kinder, die gerade gelernt haben, ein ganzes Buch zu lesen, erfüllt gleichzeitig eine Informationsaufgabe, indem solche Details kurz aber prägnant in die spannende Handlung eingeblendet sind.
Der kritische Erwachsene mag Zweifel an der Gattung an sich haben, an der Rettung im letzten Augenblick, aus der Gefahr, in die sich die jugendlichen Detektive trotz Warnung begeben haben. Das Stereotype solcher Situationen wird vom Liebhaber der Gattung erwartet, - das gilt auch für die Krimiliebhaber unter Erwachsenen-, und macht das Lesen leichter.
Bleibt die Frage, wie weit die Leser aus anderen Großstädten von den Details der Stadtbeschreibung profitieren. Aber auch das gilt für beliebte TV Serien in ähnlicher Weise, die einen freuen sich über Bekanntes, die Neugierigen unter den übrigen Lesern lassen sich vielleicht anregen.

Zum Anfang - Zum Inhaltsverzeichnis

20 04

Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Ich bitte um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte.
Dautels ZUM-Materialien: Google-Fuss

Impressum - Datenschutz