Josef Holub : Bonifaz und der Räuber Knapp

250 Seiten - EUR 6,90 Beltz & Gelberg 1999, empfohlen ab 12

Bonifaz Schroll, 11 Jahre alt und seit eineinhalb Jahren Vollwaise, lebt seit dieser Zeit bei seiner Tante in Cannstatt, wo er auch in die Lateinschule geht. Die Mutter ist bei seiner Geburt gestorben, der Vater, welcher Lehrer war, an einer Magenkrankheit. Da die etwas einfältige Tante für Bonifaz nicht ausreichend sorgen kann, entscheidet das Waisengericht im März 1867, dass Bonifaz zu seinem Oheim in Obhut gebracht werden soll. Dieser ist Schultheiß in einem schwäbischen Dorf bei Backnang, das Graab heißt.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive erzählt. Bonifaz selbst ist der Erzähler.

Kap. 1-3: Bonifaz wird von einem unfreundlichen Kutscher mitten in der Nacht und mitten im Wald ausgesetzt und muss nun den Weg ins Dorf selbst finden. Dabei verläuft er sich und wäre erfroren, wenn ihn nicht ein Mann gefunden und zum Haus des Schultheiß getragen hätte.

Kap. 4 - 5: Dort wacht er in Bett in der Dachkammer auf, wähnt sich zuerst im Himmel, dann allerdings wird ihm bewusst, dass er gerettet wurde. Der Oheim, ein strenger Mann, stellt bei Knechten, Mägden und Polizei Nachforschungen an, wer der nächtliche Retter gewesen sein könnte, bekommt aber keine Hinweise.

Bonifaz lernt seine neue Umgebung schnell schätzen, denn man ist freundlich, wenn auch ohne viel Worte, und er wird gut gefüttert von Friederike, der Magd des Oheims. Schon am ersten Tag muss er in die Schule, in der sich 80 bis 100 Kinder in einem Raum drängen, und er wird Zeuge einer grausamen Bestrafung, die der strenge Schulmeister an einem Knaben durchführt, der Christian Knapp heißt, seinen Spruch nicht richtig memorieren konnte und Sohn eines Räubers sein soll. Dieser erträgt die Misshandlung ohne Widerstand.

Kap. 6-9: Bonifaz bekommt den Kopf geschert, jetzt gehört er zum Bauernvolk. Er kommt mit Christian K. ins Gespräch und findet ihn in Ordnung, sein Oheim verbietet ihm jedoch den Umgang. Dann passiert ein Raubüberfall in der Gemeinde, der Verdacht fällt sofort auf den Räuber Knapp.

Kap. 10: An einem Sonntag taucht ein Wanderer vor der Kirche auf und singt mit schöner Stimme ein Lied. Er wird vom Lehrer angezeigt und vom Dorfpolizisten in das Gefängnis gebracht. Bonifaz findet das ungerecht und möchte ihn aus dem Gefängnis befreien, das hat dann aber wohl schon die Friederike getan. Sie weiß, dass der Schlüssel zum Gefängnis sich in der Schublade des Oheims befindet.


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Kap. 11: Bonifaz macht einen Waldausflug und sieht dort den Räuber (wie er vermutet) und dann auch kurz darauf Christian. Er erzählt dies Friederike, die jedoch hält nichts davon, das zu melden.

Kap. 12 - 16: Bonifaz sieht sich zu Christian hingezogen, aber auch zu einem Mädchen mit einem langen Zopf. Es stellt sich heraus, dass sie Christians Schwester ist. Nachdem eine hochoffizielle Jagd auf den Räuber Knapp ergebnislos verlaufen ist, heckt der Schulmeister einen bösen Plan aus: Die Kinder des Räubers sollen der Mutter weggenommen und zu so genannten Kostreichern gegeben werden. So geschieht es, aber selbst der Dorfpolizist, der die Kinder verteilen muss, findet dies jammervoll. Vom Altknecht Daniel erfährt Bonifaz, warum der Knapp zum Räuber wurde, nämlich durch eine Serie von Schicksalsschlägen und dass er ein anständiger Mann war, so wie seine Frau und seine Kinder ordentliche Menschen sind. Nur derjenige, der vorgibt, überfallen worden zu sein, das ist ein Faulpelz und Taugenichts. Der Christian wohnt jetzt auch in Schulzenhof, Bonifaz darf allerdings nicht mit ihm verkehren.

Kap. 17 - 19: Es ist jetzt Ostern. Der Leser erfährt bei dieser Gelegenheit, wie es in einem Dorfe im 19. Jh zugeht: Man ist gottesfürchtig und abergläubisch, wer arm ist, darf nicht heiraten, und wenn dann dennoch ein Kind kommt, dann wird man wegen Unzucht eingesperrt, so wie die Tochter der Alwine Fratz im 17. Kapitel. Oder wie ein Mann beinahe vom Teufel geholt worden wäre, dort im Teufelsgraben“ (Kap. 18), wo sich jetzt keiner mehr nachts hintraut. Aber der Christian Knapp schleicht sich abends genau dorthin, Bonifaz folgt ihm und sieht, wie der Sohn sich dort mit dem Vater trifft. Durch eine Unachtsamkeit wird Bonifaz erwischt und er erfährt, dass der Knapp ihn damals ins Dorf getragen und gerettet hat. Zur selben Zeit aber soll er auch den Überfall begangen haben. Bonifaz gerät ins Grübeln. Noch mehr als am nächsten Tag ein weiterer Überfall gemeldet wird, den der Räuber getätigt haben soll. Bonifaz hat ihn aber zur gleichen Zeit im Wald gesehen. Bonifaz traut sich nicht, dies dem strengen Oheim mitzuteilen.

Kap. 20 - 23: Christian Knapp ist verschwunden. Ein verheerendes Unwetter sucht das Dorf heim, Blitze schlagen ein und man macht sich Sorgen, auch um den Christian. Ein paar Tage drauf durchkämmen Soldaten in einem Manöver den Wald, um den Feind Knapp aufzuspüren, vergeblich. Der Oheim wird nachdenklich. - Dann endlich schafft es Bonifaz zu sagen, was er weiß: Dass nämlich der Knapp es nicht gewesen sein kann. Der Oheim sagt nichts. In der Nacht taucht dann Christian in Bonifaz‘ Kammer auf, völlig durchgefroren und erkältet.

Kap. 24 - 30 : Der Oheim weiß auch schon davon, aber er ist merkwürdig mild gestimmt. Von nun an sind Christian und Bonifaz zusammen. Als Bonifaz in der Schule einen Aufstand gegen den tyrannischen Schulmeister auslöst, hat er Angst, deswegen ins Waisenhaus geschickt zu werden, dann aber stellt sich heraus, dass der Schulmeister noch mehr Dreck am Stecken hat und darum das Dorf verlassen wird. Es kommt ein junger Lehrer und der alles anders und besser machen will, gegen den Widerstand der "Dorfköpfe“.

Die restlichen sieben Kapitel werden nicht verraten und der Neugier der Leser überlassen.

  • Kurzkommentar: Die Geschichte basiert auf Ereignissen, die Josef Holub als Gemeindearchivar der Gemeinde Grab recherchiert hat. Die meisten Personen soll es wirklich gegeben haben.
    Für die 5. oder 6. Klasse ist der Roman sicher gut geeignet, vor allem wegen der schwierigen und rührenden Freundschaft zwischen den beiden Jungs. Zum anderen auch als Fenster in die Welt des 19. Jahrhunderts: In den Alltag auf dem Dorf, die Erziehung von Kindern in Schule und Familie, die autoritären Srukturen, die Bedeutung des Wetters und der Natur und schließlich auch die Kirche und der Aberglaube der Dorfleute. Diese Welt könnte im Unterricht genauer betrachtet und bewertet werden.
    Der regionale Bezug zu Cannstatt und Backnang ist dagegen eher unbedeutend.
    Die Erzählweise ist erfrischend und humorvoll, die Sprache unkompliziert, am Schluss könnte es allerdings um einiges dramatischer zugehen. Aber das ließe sich ja durch entsprechende Schreibaufträge nachholen.
    Der Autor ist Jahrgang 1926, war selbst Lehrer und auch höherer Verwaltungsbeamter.


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20 09

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