Viktor Caspak/Yves Lanois: Die Kurzhosengang (2004)Roman, Carlsen-Verlag, 10. Auflage 2006, 224 Seiten
Vorgestellt von Bruno Dillmann: Lässig wie Eiswürfel in der Wüste – vier Jungs, vier kurze Hosen, ein gelungener Roman (zitiert und ergänzt nach: Arnold/Hiss/Krebsbach/Schnarr: Einfach Deutsch. Die Kurzhosengang (Hrsg. Johannes Diekhans). Schöningh Verlag. Paderborn 2013. Der Roman handelt von vier Jungen, die in einer Kleinstadt in Kanada leben. Die Rahmenhandlung spielt in einem Fernsehstudio. Die Vier sind nämlich, so die Fiktion, so bekannt geworden, dass sie ihre Geschichte im kanadischen Fernsehen präsentieren dürfen. Dort erzählen nun Rudolpho, Island, Snickers und Zement, so die außergewöhnlichen Namen, eine Geschichte, wie sie zu dem Namen „Kurzhosengang“ gekommen sind. Jeder stellt dabei seine ganz eigene Geschichte der Entstehung des Namens vor. Rudolpho erzählt, wie ihre Schule von einem Wirbelsturm davongeweht wird und wie die vier Jungs daraufhin die Schüler und Lehrer, die im Keller der Schule auf das Ende des Sturms warten, gemeinschaftlich retten. Island hat eine noch verwegenere Geschichte auf Lager: Er erzählt, wie die Kurzhosengang eine schwangere Frau aus ihrem eingeschneiten Auto retten. Die dritte Geschichte von Snickers handelt von einer gefährlichen Begegnung mit einem Grizzly und mit der Konfrontation mit der Pauli-Gang, den ärgsten Widersachern der Kurzhosen. Nur Zement unterscheidet sich von den anderen. Dinge, die zuvor unverständlich waren, klären sich dann letztendlich im abschließenden vierten Kapitel auf. Zements Sichtweise führt dazu, dass der Leser alles, was er bis dorthin erfahren hat, hinterfragen muss. Auch Zusammenhänge, die rätselhaft waren, werden zum Schluss entwirrt. Man erfährt, dass Zement eine besondere Gabe hat: Er kann Geister anderer Menschen sehen. Zudem hat er selbst seinen Schutzengel Lothar jederzeit dabei. Es kostet Zement viel Zeit, sich mit den Geistern und auch mit Lothar zu unterhalten. Dem Leser wird es jetzt klar, dass dies der Grund dafür ist, dass Zement etwas langsamer ist als seine Freunde. Das letzte Kapitel spiegelt somit die Grundidee des ganzen Romans: Zoran Drvenkar, der eigentliche Autor des Romans (Caspak und Lanois sind frei erfunden), führt seine Leser hinters Licht. Er signalisiert z.B. auch mit dem Vorwort von Andreas Steinhöfel und mit den vielfach eingestreuten Fußnoten, dass die Geschichten der vier Jungs wirklich stattgefunden haben. Auch erwachsene Leser müssen erst einmal genau lesen, bis sie feststellen, dass die Geschichten der Kurzhosengang nur erfunden sind und nicht auf der Realität beruhen. Für Kinder Jugendliche kann es manchmal schwer sein, alle Wendungen des Romans zu verstehen. Gerade bei den Fußnoten, die teilweise auch auf den kanadischen Kulturkreis verweisen, fehlt vielen jungen Lesern der Hintergrund, um den Witz überhaupt zu verstehen. Manches erscheint dann in diesem Rahmen auch übertrieben und etwas zu künstlich. Der Roman ist zudem komplizierter, als er auf den ersten Blick erscheint. Vieles, was zunächst als sicher angenommen wird, wird in einem der folgenden Kapitel wieder in Frage gestellt. Die vier Jungs nehmen Bezug auf das, was ihre Freunde gesagt haben, relativieren dies aber auch regelmäßig, so dass der Leser im Unklaren bleibt, ob man sich wie in anderen Kinderbüchern uneingeschränkt mit den jugendlichen Helden identifizieren kann oder ob sie letztendlich nur flunkern und Geschichten erfinden. Trotz allem wird man die vier Jungs lieben müssen. Durch ihre Eigenarten und vor allem auch durch die ganz eigene Art, von den Abenteuern zu erzählen, werden sie für den Leser lebendig. Die Identifikation fällt noch aus einem anderen Grund leicht: Die Basis ihrer Gang ist eine ehrliche und herzliche Freundschaft, die auch die Eigenheiten der anderen akzeptiert. Wenn man gewisse Widersprüche akzeptiert hat, kann man die Geschichte und ihre Hauptdarsteller auf dieser Basis auch als junger Leser besonders gut nachvollziehen. Die „Kurzhosengang“ ist ein außergewöhnliches, lustiges und zugleich anspruchsvolles Jugendbuch. Dass es mittlerweile bereits zwei Fortsetzungen gibt, beweist den großen Erfolg des Erstlingswerks.
Sekundärliteratur: Besprechungen, Unterrichtsvorschläge, Links:
KJL-Inhaltsverzeichnis - © Bruno Dillmann 2013 - ZUM Internet e.V.
Ohne ein bisschen Werbung geht es nicht. Wir bitten um Nachsicht, falls diese nicht immer ganz themengerecht sein sollte. |