ChemieRahmenplan |
Direkt kann der Rahmenplan eingesehen werden unter www.bildung.hessen.de/fbereich/chemie/rplan/index.htm |
Ausgestattet mit natürlichem Neugierverhalten sucht der Mensch nach immer weiteren Erklärungen für das Wesen und den Zusammenhalt der Welt. Auf der Basis dieses allgemeinen Erkenntnisstrebens erfolgt eine stetige Zunahme und Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die fortschreitende Technisierung beeinflusst zudem in vielfältiger Weise die verschiedenen Lebensbereiche unserer Gesellschaft. Dabei ist es vor allem der Umgang mit den stofflichen und energetischen Ressourcen, der in den letzten Jahrzehnten zu tiefgreifenden Veränderungen in allen Bereichen des Wirtschaftens geführt hat. Gleichzeitig wurden Probleme lokalen, regionalen und globalen Ausmaßes geschaffen, die die existenziellen Grundlagen menschlichen Lebens berühren und schon teilweise maßgeblich beeinflussen.
Dem allgemeinen Erziehungsziel folgend, die Schülerinnen und Schüler zur Bewältigung zukünftiger Lebenssituationen und zur Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen als mündige Bürger zu befähigen, fällt dem Chemieunterricht die Aufgabe zu, die materiale Umwelt zu erschließen sowie Verständnis und Kompetenz zu vermitteln im alltäglichen Umgang mit Stoffen . |
Diese Kompetenz im Umgang mit Stoffen soll sich - über die Schulzeit hinaus - auf die Handlungsfelder im privaten wie im beruflichen Leben erstrecken. Besondere Bedeutung gewinnt diese Aufgabe, wenn mit solchen Stoffen umgegangen wird, die heute oder zukünftig durch ihr Gefahrenpotential Auswirkung für den einzelnen, die Gemeinschaft oder das globale Gefüge besitzen. So lassen sich Interessen einer um Objektivität bemühten Wissenschaft, ökonomische Interessen bei der Produktion von und im Umgang mit Stoffen und das grundsätzliche Interesse am Fortbestand der Natur nicht immer vereinbaren und schaffen einen Bereich politischer Konflikte, in dem die verantwortliche Entscheidung nicht nur an Sachkompetenz, sondern auch an Wertebewusstsein gebunden ist.
Die Aufgabe des Chemieunterrichts darf sich deshalb nicht in der Wissensvermittlung erschöpfen. Das entwickelte Bewusstsein im Umgang mit Stoffen schließt eine Bindung an Werte ein - die Würde des Menschen, seine Grundrechte, seine Gesundheit und die Erhaltung und Bewahrung des Lebens auf unserem Planeten.
Der Chemieunterricht hat die Aufgabe, Problembewusstsein, Einstellungen und Handlungsbereitschaft auch in diesem Sinne zu wecken.
Aus dieser Aufgabenstellung lassen sich folgende Ziele ableiten:
Vermittlung von Kenntnissen über und Einsichten in
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Dadurch, dass der eigene Körper mit seinen physiologischen Reaktionen unmittelbar (Atemluft, Trinkwasser, Nahrungsmittel, Körperpflegemittel, Arzneimittel, Kleidung) betroffen sein kann, wird verantwortliches Handeln erfahrbar. Chemieunterricht greift diese Betroffenheit auf und verfolgt damit Ziele im Bereich Gesundheitserziehung.
Der Chemieunterricht trägt außerdem gemeinsam mit den Fächern Biologie, Physik und dem Fach Erdkunde (Lernbereich Gesellschaftslehre) dazu bei, Grundlagen für das Verständnis naturwissenschaftlicher und ökologischer Fragestellungen zu schaffen. Die Abgrenzung der jeweiligen Fächerinhalte voneinander wird umso schwieriger, je vernetzter die Strukturen der zu behandelnden Themen sind. Auch wenn die originären Aufgaben des Chemieunterrichts im Mittelpunkt des Faches zu stehen haben, dürfen die zum Verständnis von Problemzusammenhängen notwendigen Bereiche aus Nachbarfächern nicht ausgegrenzt werden.
Durch diesen Zugang eröffnen sich Möglichkeiten, das Unterrichtsfach Chemie auch im Rahmen des Lernbereiches Naturwissenschaften zu erteilen.
Die Auseinandersetzung mit wesentlichen Aufgaben der Menschheit (Sicherung der Welternährung und der natürlichen Lebensgrundlagen sowie Bekämpfung der Krankheiten) erfordert naturwissenschaftliche, gesellschaftswissenschaftliche sowie ethische Betrachtungsweisen.
Schülerinnen und Schüler müssen lernen, diese Bereiche miteinander zu verknüpfen und dabei den besonderen Stellenwert chemisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse einzuschätzen.
Neben der Schaffung eines kognitiven Gerüsts von Fachwissen und der Vermittlung eines fachspezifischen Instrumentariums setzt sich der Chemieunterricht das wichtige Ziel, Problembewusstsein, Einstellungen und Handlungsbereitschaft zu wecken, die in den privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Lebensbereichen wirken sollen:
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Unter Beachtung des auf den jeweiligen Jahrgangsstufen zu erzielenden Verständnisses werden durch derart sachbezogene Auseinandersetzungen Vorurteile und Fehleinschätzungen vermieden oder abgebaut. Chemieunterricht verfolgt auf diese Weise auch Ziele der Umwelterziehung.
Chemieunterricht an allgemeinbildenden Schulen (insbesondere in der Sekundarstufe I) muss sich weniger als Propädeutik zur Fachwissenschaft Chemie verstehen, da diese unter völlig anderer Zielsetzung steht: Der begrenzten und didaktisch begründeten Auswahl und Festlegung von Inhalten im Schulfach Chemie steht in der Fachwissenschaft vielmehr eine inhaltliche Offenheit gegenüber, die durch das Streben nach Erweiterung, Vervollständigung und Systematisierung der Erkenntnisse bestimmt wird. Der Chemieunterricht vermittelt zwar zahlreiche Inhalte der wissenschaftlichen Chemie und bedient sich ihrer typischen Denk- und Arbeitsweisen als spezifische Formen der Erkenntnisgewinnung, er sollte aber Gliederungsprinzipien fachwissenschaftlicher Erkenntnisse und inhaltliche Aussagen nicht zu seinem eigenen Ordnungsschema machen, sondern Segmente der Fachstruktur heranziehen, wenn diese zum Verständnis der jeweiligen Fragestellung notwendig sind.
Die differenzierten Aufgaben des Faches Chemie machen es notwendig, Unterrichtsgegenstände unter mehr als nur einem Blickwinkel zu betrachten. Daher erschließt das Fach Chemie seine Inhalte grundsätzlich unter mehreren analytischen Perspektiven.
Chemieunterricht hat einen eindeutigen Hintergrund, die Naturwissenschaft Chemie, die ihn jahrzehntelang geformt und geprägt hat. Sie hat ihm immer als Orientierungsbasis ein kognitives Gerüst mit geordneten Sachinformationen, Erkenntnissen, Modellvorstellungen und spezifischem Methodenwissen in ihrer Fachsprache zur Verfügung gestellt. Auch heute muß Chemieunterricht sich dieser Basis bedienen, muss Begriffsbildungen, Denk- und Arbeitsmethoden der Fachwissenschaft nutzen, allerdings nicht ausschließlich und nicht als Ziel für sich, sondern in dem Maße, wie es die beschriebene Aufgabenstellung des Schulfaches und die damit verbundenen Ziele erfordern. Dies bedeutet aber selbstverständlich auch, fachwissenschaftliche Korrektheit trotz didaktischer Reduktion zu erhalten. Es bedeutet jedoch nicht die zwangsläufige Übernahme einer Fachstruktur mit ihrer Untergliederung. So stellt die tradierte Trennung in allgemeine und angewandte bzw. anorganische und organische Chemie für den Unterricht der Sekundarstufe I keine Strukturvorgabe dar. Vielmehr ist es notwendig, auch in der Fachwissenschaft übergeordnetere Gesichtspunkte, wie etwa Reaktionstypen, Teilchen und ihre Bindungen oder die Korrelation zwischen Aufbau von Stoffen und deren Eigenschaften, als ordnungsgebendes Gerüst zu entwickeln. Erst dadurch wird die in der Aufgabenstellung geforderte Kompetenz im Umgang mit Stoffen auf der Basis fachwissenschaftlicher Kenntnisse erreicht.
Jahrtausendealte Menschheitserfahrungen im Umgang mit Stoffen und Erkenntnisse der modernen Wissenschaft Chemie haben zur Entwicklung und Ausformung von Technologien geführt, die uns durch Aufschluss und Umsetzung von Rohstoffen zahlreiche Gebrauchsmaterialien zur Verfügung stellen oder die Nutzbarkeit und Qualität von Naturstoffen verbessern. Die chemische Industrie verwertet diese Technologien und ist mit ihren verwandten Bereichen zu einer der tragenden Säulen unserer Industriegesellschaft geworden.
Chemieunterricht muss diese Inwertsetzung der materialen Umwelt in ihrem historischen Kontext beschreiben und ihren ökonomischen Stellenwert aufzeigen.
Kenntnisse über die Rohstoff-, Energie- und Abfallproblematik chemisch-industrieller Produktion sind ebenfalls nötig, um an der Diskussion über die Bedeutung von Stoffen für unsere Umwelt und ggf. über ihre Ersetzbarkeit verantwortlich teilzunehmen.
Da für die Bewältigung drängender Menschheitsprobleme (Hunger, Krankheit, Energieknappheit) immer wieder auch spezifische Erwartungen an die chemische Industrie gestellt werden, müssen Schüler und Schülerinnen zu einer Auseinandersetzung mit den von ihr angewandten Technologien und deren Folgen befähigt werden.
Schließlich ermöglicht das Kennen lernen industrieller Verfahrenstechniken Vergleiche mit Technologien in Haushalt, Hobby, Werkstatt und trägt so zum Verständnis des durch Technik zunehmend geprägten Alltags bei.
Schülerinnen und Schüler entwickeln besonders leicht und schnell einen Bezug zu den Unterrichtsthemen und den -gegenständen, wenn deren Einordnung in den alltäglichen Erfahrungshorizont möglich ist. Im Chemieunterricht gelingt dies umso leichter, als der Umgang mit Stoffen, die Nutzung ihrer spezifischen Eigenschaften und das gezielte Herbeiführen ihrer Umwandlung zu den grundlegenden und vorstellungsbildenden Erfahrungen aller Menschen gehören, die schon in der Kindheit mit den ersten Wahrnehmungen der materialen Umwelt (Erfahrung mit den Sinnen und Zuordnung von Eigenschaften zu Stoffen) beginnen.
Auch das Eindringen vieler Produkte der chemischen Industrie in die Bereiche alltäglichen Handelns (Zusatzstoffe zu Nahrungsmitteln, Wasch- und Reinigungsmittel, Körperpflege, Verpackungsmaterial, Hilfsstoffe bei Hobby und Heimwerken usw.) sorgt dafür, dass zahlreiche Themen und Unterrichtsgegenstände aus den Alltagserfahrungen der Schülerinnen und Schüler erschlossen werden können. Verstärkt wird dies dann, wenn die Benutzung solcher Stoffe mit Folgen verbunden ist, die das Individuum, die Gesellschaft oder die globale Existenz betreffen.
Ökologische Betrachtungsweisen führen zu einer Analyse und Beschreibung unserer Umwelt als eines Systems von Stoffkreisläufen, die durch Materialtransfer zwischen den Bereichen Luft, Wasser, Boden und Lebewelt vernetzt sind und von Energieumsätzen begleitet werden.
Das Verständnis dieser komplexen stofflichen Systeme erleichtert und fördert ein zielgerichtetes und an den Problemen orientiertes Handeln im Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen. Chemieunterricht muss also einerseits die materialen Strukturen von Atmosphäre, Hydrosphäre und Pedosphäre mit ihren Wechselwirkungen und funktionalen Bezügen thematisieren und andererseits das interessebedingte Eingreifen des Menschen in diese drei Bereiche mit seinen Folgen für die Umwelt und Rückwirkungen auf den Menschen darstellen.
Im Gegensatz zum Erfahrungsbereich Alltag wird der Bereich Umwelt von Schülerinnen und Schülern häufig nur mittelbar erfahren. Sein Verständnis erfordert stärkeres Abstraktionsvermögen.
Der materiale Eingriff in den Naturhaushalt und die Rückwirkung auf den Menschen durch die (Be-) Nutzung von Produkten der chemischen Industrie sind geeignete Vermittlungsgegenstände, um diese Distanz zu überwinden.
Die allgemeinen Aufgaben und die Ziele des Chemieunterrichts führen zu den folgenden Prinzipien für die Planung von Unterrichts- und Lernprozessen.
Sie betreffen sowohl die Gestaltung von Unterrichtseinheiten und Unterrichtsstunden, als auch die Auswahl einzelner Unterrichtsgegenstände (Stoffe, Reaktionen, alltägliche und industrielle Anwendungen).
Nicht immer lassen sich die im folgenden beschriebenen Arbeitsweisen als durchgängiges Prinzip im gesamten Prozeß des Lehrens und Lernens vollziehen. Entsprechend der Lerngruppe, dem jeweils vorliegenden Unterrichtsgegenstand und anderer Rahmenbedingungen kommen einige von ihnen nur zeitweise zur Anwendung.
Ihre Verwendung als geeignetes Instrument richtet sich nach dem jeweils vorliegenden Unterrichtsgegenstand und der zur Verfügung stehenden Zeit. Insofern dürfen einzelne Arbeitsweisen nicht als durchgängiges Prinzip für die Planung von Unterricht oder den ablaufenden Prozess des Lernens verstanden werden.
Die stoffliche Fülle des Faches, die schier unbegrenzte Vielfalt an Stoffen und Reaktionen, die die materiale Umwelt bestimmen, machen häufig Auswahlentscheidungen nötig. Mit der Orientierung an den didaktischen Grundsätzen werden die einzelnen Unterrichtsgegenstände bestimmbar. Sie müssen auch immer exemplarisch stehen für ein angestrebtes Ziel.
Dem Lernenden muss klar werden, warum gerade dieses Thema, dieser Inhalt oder dieser Gegenstand unter der jeweiligen Orientierung an Alltag, Umwelt, Technologie oder Fachwissenschaft ausgewählt wurde. Die Entscheidung muss verständlich und nachvollziehbar sein, damit davon ausgegangen werden kann, dass Problembewusstsein verbunden mit den jeweils erworbenen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten von den Lernenden auch auf neue Aufgaben und Situationen übertragen werden können.
Exemplarische Gestaltung darf nicht ein bloßes Nebeneinander von Ausgewähltem bedeuten. Im Sinne eines aufbauenden Lernprozesses müssen Analogien und Zusammenhänge immer wieder verdeutlicht und genutzt werden. Die Aufeinanderfolge und die Zuordnung der Inhalte muss logische Stringenz besitzen. Dieses diskursive Vorgehen beinhaltet eine sachbezogene Zuordnung von Begriffen und Erkenntnissen bei gleichzeitiger Orientierung an der Fachwissenschaft und anderen Kategorien.
Unterrichtsgegenstände des Faches Chemie können mittelbar und unmittelbar von den Lernenden erfahren werden.
Eine originale Begegnung mit Stoffen und Reaktionen im Kontext ihrer Anwendung oder Erscheinungsform in der Umwelt sollte im Vordergrund stehen. Manchmal erfordert die unmittelbare Konfrontation der Lernenden mit dem Unterrichtsgegenstand eine Verlagerung des Lernortes aus der Schule. Die Sphären der Umwelt - Boden, Wasser und Luft - lassen sich nicht immer im Fachraum erschließen. Einblicke in gewerbliche und industrielle Anwendung von Chemie dienen als Ausgangspunkt für weiteres Lernen oder machen theoretische Erkenntnisse erst plausibel und dienen damit der angestrebten Ganzheitlichkeit.
Die experimentelle Erschließung der jeweiligen Inhalte hat im Chemieunterricht einen bedeutenden Stellenwert und prägt ihn nachhaltig.
Die Entscheidung für ein Lehrer- oder das Schülerexperiment wird beeinflusst durch die Auswahl des Unterrichtsgegenstandes, der Ausstattung der jeweiligen Schule und der Gruppengröße. Das Schülerexperiment besitzt hohen Motivationseffekt und dient nicht nur der Einübung sozialer Verhaltensweisen, sondern rückt auch die Gefahren im Umgang mit Stoffen und Geräten stärker in das Bewusstsein der Lernenden. Die Anwendung der Gefahrstoffverordnung und der Aufsichtsverordnung erfordert aber in vielen Fällen die Beschränkung auf Demonstrationsversuche durch die Lehrerinnen und Lehrer.
Es ist daher sinnvoll, vermehrt auf Stoffe und Versuchsdurchführungen zurückzugreifen, die wegen ihres geringen und mit häuslichen Situationen vergleichbaren Gefährdungspotentials keine Beschränkung auf eine maximale Gruppengröße erfordern.
Die ausgewählten Experimente müssen lernpsychologisch angemessen eingesetzt werden, ihre Funktionen im Unterrichtsprozess, ihr Aufbau, ihr Ablauf und die Aussagefähigkeit ihrer Ergebnisse müssen für die Lernenden nachvollziehbar sein.
Als Frage an die Natur, als Verifizierung von Vermutungen und Schlussfolgerungen und als Nachahmung von Technologien nimmt der experimentelle Umgang mit Stoffen und Reaktionen ganz unterschiedliche Aufgaben wahr.
Eine forschend-entwickelnde Auseinandersetzung mit den Unterrichtsgegenständen wird maßgeblich durch den Einsatz des Experimentes bestimmt, bedient sich aber auch weiterer Formen der Erkenntnisgewinnung.
Modellvorstellungen treten im Fach Chemie mit fortschreitendem Lernprozess immer stärker in den Vordergrund. Sie dienen im Unterricht der Sekundarstufe I meist der Erklärung und Veranschaulichung von Phänomenen und haben nur im gymnasialen Bildungsgang bisweilen die heuristische Funktion, die sie in der Wissenschaft besitzen.
Modelle müssen ständig dem Lerngegenstand angepasst werden und dem Kenntnis- und Entwicklungsstand der Lernenden entsprechen.
Hierbei muss auch eine Verdeutlichung der Vielfalt des Modell-Begriffs und eine Abgrenzung vom bisher erfahrenen Zugang (Modell als Maßstababbildung realer Gegenstände) erfolgen. Die Fähigkeit zur Abstraktion und zum Transfer wird durch das Entwickeln von Modellvorstellungen, das Arbeiten mit und das Denken in Modellen gefördert.
Neben diesen mehr naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen müssen im Chemieunterricht auch sozialwissenschaftliche Methoden eingesetzt werden (z.B. Erhebung und Auswertung von Daten und Meinungen, Erstellung und Interpretation von Statistiken, Auswertung von interessengeleiteten Texten und Bildmaterial).
Handlungskompetenz im gesellschaftlichen Kontext wird nur erreicht, wenn Methoden vermittelt werden, durch die Problemzusammenhänge inhaltlich differenziert erfasst werden können, und die verdeutlichen, auf welche Weise im konkreten Zusammenhang Einfluss genommen werden kann auf individuelle, gesellschaftliche oder globale Veränderungen.
Das Unterrichtsfach Chemie soll die materiale Umwelt erschließen. Dabei ist die Grenzziehung zu den naturwissenschaftlichen Nachbarfächern nicht immer möglich. Auch stehen die Anwendungen von Stoffen und chemischen Reaktionen sowie ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt immer in einem ökonomischen und sozialen Kontext, dessen Thematisierung andere Fächer berührt - insbesondere die des Lernbereichs Gesellschaftslehre.
Für das Verständnis dieser Komplexität sollen Schülerinnen und Schülern eine deutliche Vorstellung von den vielfältigen Vernetzungen entwickeln. Dies kann nicht nur in Kooperation mit anderen Fächern z.B. in Form fächerübergreifenden Unterrichts geschehen, sondern sollte auch innerhalb des Fachunterrichts Chemie durch Einbeziehung fachfremder Betrachtungsweisen und Problemzusammenhänge möglich sein.
Gerade in der Entwicklungsstufe von Schülerinnen und Schülern der letzten Phase der Sekundarstufe I muss das vernetzende Denken und damit das vollständige Verständnis von Problemzusammenhängen vor allem im Bildungsgang mit Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe in stärkerem Maße angestrebt werden, damit es bei individuellen Entscheidungsprozessen, die bevorstehen oder bereits vorgenommen werden, angewandt wird.
Das Zurückdrängen fachwissenschaftlicher Einengung zugunsten fächerübergreifender Betrachtungsweisen einerseits und das Erstreben vernetzenden Denkens anstelle linearen monokausalen Denkens andererseits geben den Lernprozessen jene Ganzheitlichkeit, die für das Erreichen der allgemeinen Bildungs- und Erziehungsziele der Schule erforderlich ist. Ganzheitlichkeit bedeutet aber auch, dass der Zugang zu Inhalten oder Gegenständen des Unterrichts sowie die Auseinandersetzung mit ihnen kognitiv-rational, operational und affektiv-emotional sein wird.
Zwar wählen Schülerinnen und Schüler ihren Zugang selbst aufgrund individueller Prägung; die im Unterricht angebotenen Lernhilfen sollten aber immer wieder alle drei Formen der Auseinandersetzung ermöglichen. Gerade im Diskurs als einer zentralen projektorientierten Arbeitsweise lassen sich alle Formen der Auseinandersetzung ausgewogen berücksichtigen. Weiteres Merkmal dieser Arbeitsweise ist eine Handlungsorientierung, die u.a. durch die Herstellung von Produkten für den Alltag (z.B. Seifen, kosmetische Präparate, Metallschmuck) gewährleistet wird.
Wer sich an der Erörterung fachlicher und fachübergreifender Fragestellungen beteiligen will, muss kommunikationsfähig sein und Grundformen der Auseinandersetzung beherrschen. Für alle am Unterrichtsprozess Beteiligten bedeutet dies,
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Gerade der Anfangsunterricht muss als ein permanenter Prozess verstanden werden, in dem Vorstellungen und Sichtweisen aus dem Alltag, der Umwelt und der Technologie zu beschreiben und zu chemisch-fachwissenschaftlichen Betrachtungsweisen in Beziehung zu setzen sind. Dabei reift mit dem Wissen über die materiale Umwelt ein Sprachschatz heran, der zunehmend die Nutzung fachwissenschaftlicher Denkmodelle und Ordnungen erlaubt.
Schülerinnen und Schüler müssen sich vom anfangs alltäglichen, nachahmenden Zuordnen zum selbständig prüfenden Ein- und Umordnen umgewöhnen. Die Zwecke von Ordnungen und die Interessen des Zuordnens zu reflektieren ist eine Voraussetzung, um Sinn und Notwendigkeit geordneter Systeme zu akzeptieren.
Lehrerinnen und Lehrer müssen dabei durch die behutsame Verwendung der Fachsprache Kommunikationshemmnisse abbauen bzw. gar nicht erst entstehen lassen, wenn sie spontane Alltagsvorstellungen aufgreifen und sich auf die vorgegebenen Interpretationsmuster einlassen müssen. Die Lernenden entwickeln unterschiedlich schnell die Fähigkeiten zu hinterfragen, selbständig zu interpretieren und Verständnisfehler zu korrigieren.
Kommunikationsbewusst geführter Unterricht schafft die Basis für soziales Lernen als Voraussetzung des Aushandelns von Lösungen komplexer Probleme.
Er ermöglicht auch eine Reflexion der Methoden der Naturwissenschaft Chemie, vollzieht historische nach und entwickelt selbständige Überzeugungsstrategien bei der Suche nach der Gültigkeit chemischen Wissens.
Die im folgenden zusammengestellten und den vier Erschließungskategorien entstammenden Inhalte repräsentieren den Stoff des Faches Chemie der Sekundarstufe I als Maximum. Sie bilden die Grundlage für die im unterrichtspraktischen Teil in differenzierter Form dargestellten Halbjahreszuordnungen.
Bereich Fachwissenschaft |
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Bereich Technologie |
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Bereich Alltag |
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Bereich Umwelt |
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Eine geeignete Form, Schülerinnen und Schülern die zunächst scheinbar verwirrende Vielfalt von Fragestellungen, Problemfeldern und Inhalten vorzustrukturieren, bietet die Zusammenstellung von Rahmenthemen und ihre Zuordnung zum fortschreitenden Lernprozess. Wesentliche Grundlage sind dabei die auch von Schülerinnen und Schülern wahrnehmbaren Bezüge zur Alltags- bzw. Selbsterfahrungswelt, der Umwelt und der zunehmend technisierten Welt.
Als Erschließungskategorien für den Chemieunterricht in der Sekundarstufe I bilden sie neben der Fachwissenschaft das Gerüst bei der Unterrichtsplanung. Zunächst bedarf es einer Phase der Exploration der materialen Umwelt mit dem Ziel, erste Ordnungen zu schaffen durch Ermittlung gemeinsamer Eigenschaften, um die Sphären Luft, Wasser und Boden in ihren komplexen Zusammenhängen altersgemäß und im Ansatz verständlich zu machen. Schließlich wird auch die ökonomische Seite der Chemie thematisiert, nämlich die Aufgabe, die von der Natur zur Verfügung gestellten Stoffe in Werkstoffe unserer Zeit umzuwandeln oder sie zu neuen Wertstoffen zu verändern bzw. künstliche Stoffe als Ersatz zu produzieren.
Die Entscheidung, einzelne Inhalte bestimmten Phasen des Unterrichtsprozesses zuzuordnen, wurde bestimmt durch die Notwendigkeit, Aspekte der Fachstruktur so aufeinander abzustimmen, dass aufbauende Lernprozesse möglich sind. Für den Weg zum Mittleren Bildungsabschluss ergibt sich ein Zuschnitt und eine Abfolge von Rahmenthemen, die den jeweiligen Halbjahren zugeordnet sind:
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Für den Weg zum Hauptschulabschluss wurden die Inhalte so gebündelt und zusammengestellt, daß sich für die drei Halbjahre sechs Rahmenthemen ergeben:
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Für die beiden beschriebenen Wege werden für jeweils ein Halbjahr verbindliche Inhalte vor dem Hintergrund der Erschließungskategorien Alltag, Fachwissenschaft, Technologie und Umwelt dargestellt.
Die Verknüpfung einzelner Inhalte verschiedener Bezugsebenen zu Unterrichtsthemen bzw. -einheiten geschieht durch die jeweiligen Fachgruppen der Schule bzw. durch die einzelne Lehrerin bzw. Lehrer in eigener Verantwortung und unter Beachtung der Grundsätze des allgemeinen Teils dieses Planes.
Die Formulierung der Inhalte erfolgte auf unterschiedlichen Konkretionsebenen. Interpretationsspielräume werden sichtbar und können zur Profilbildung genutzt werden. Die angegebenen Alternativen für die Konkretisierung der verbindlichen Inhalte zeigen Möglichkeiten auf, wie an unterschiedlichen Themen einzelne zusammenhängende Aspekte behandelt werden können.
Die Hinweise zu Inhalten der Rahmenpläne anderer Naturwissenschaften erleichtern die Überlegungen zu Lernvoraussetzungen bzw. geben Informationen über eine spätere Wiederverwendung einzelner Inhalte oder Verfahren, wobei Umfang und Bearbeitungstiefe von den jeweils konkreten Vorkenntnissen der Schülerinnen und Schüler abhängen.
Die Umsetzung der verbindlichen Inhalte soll nicht die insgesamt zur Verfügung stehende Zeit ausfüllen. Die verbleibende Unterrichtszeit dient einer individuellen Vertiefung, Ausweitung und Akzentuierung auf der Grundlage der oben beschriebenen Aufgaben und Ziele sowie unter Berücksichtigung der didaktischen Grundsätze dieses Rahmenplanes.
Die in diesem Plan ausgewiesenen Zielsetzungen des Faches Chemie in der Sekundarstufe I erstrecken sich auf die Bildungsgänge der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums.
Die besondere Situation des Faches Chemie in der Sekundarstufe I (drei Schulhalbjahre bis zum Ende der Klasse 9 bzw. fünf Schulhalbjahre bis zum Ende der Klasse 10) macht es erforderlich, sowohl einen unterrichtspraktischen Weg für den Bildungsgang der Realschule und des Gymnasiums zu beschreiben, als auch bei einer Reduzierung auf drei Halbjahre - unter Wahrung der Vorgaben für die Gesamtkonzeption - einen eigenen unterrichtspraktischen Weg zur Erreichung des Hauptschulabschlusses darzustellen.
Den Fachkonferenzen an Gesamtschulen bleibt es vorbehalten, durch geeignete Festlegung von Themen die Durchlässigkeit der Bildungsgänge zu gewährleisten.
Der unterrichtspraktische Teil über fünf Halbjahre beschreibt die Anforderungen des Mittleren Bildungsabschlusses.
Im Bildungsgang des Gymnasiums werden die verbindlichen Inhalte in differenzierter und vertiefter Form behandelt und - wo immer möglich - Fallbeispiele mit höherem Abstraktionsniveau ausgewählt.
Auf der Basis eines solchermaßen umfassenderen Wissensstandes müssen die Schülerinnen und Schüler auch eine größere Eigenständigkeit bei der Problemlösung und bei notwendigen Transferleistungen erbringen. Erwartet wird auch der zunehmend sichere Umgang mit der Fachsprache und ein ausgeprägtes Denken in Modellen.
In Kap. 4 werden die fachspezifischen Inhalte als fachlicher Kernbestand für den Mittleren Bildungsabschluss gesondert dargestellt mit spezifischen Hinweisen und Ansatzpunkten für eine geeignete Vertiefung der verbindlichen Inhalte für den gymnasialen Bildungsgang.
Der Rahmenplan ist als Einheit zu sehen, innerhalb dessen einzelne verbindliche Inhalte verschoben werden können. Dies stellt die Grundlage für eine mögliche Profilbildung bei flexibel umgesetzter Stundentafel dar. An Gymnasien und Gesamtschulen wird zudem eine weitergehende Abstimmung mit inhaltlichen Sequenzen der Gymnasialen Oberstufe ermöglicht. Die gewünschten Verschiebungen müssen jedoch den formulierten Aufgaben und Zielen des Chemieunterrichts der Sekundarstufe I dienen und die didaktischen Grundsätze berücksichtigen.
AlltagOrdnungs-
und Aufbewahrungsprinzipien im Supermarkt, Baumarkt, Haushalt |
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FachwissenschaftAbgrenzung
zur Physik |
Verbindliche InhalteStoffeigenschaftenAbgrenzung
Körper/Stoff, Aggregatzustände Verhalten von StoffenAggregatzustandsänderung
beim Erhitzen, Verbrennung und thermische Zersetzung als stoffliche Veränderung,
Lösen von Stoffen in Lösemitteln Gefahrenpotentiale im Umgang mit StoffenBrennbare,
giftige, ätzende und explosive Stoffe Ordnungsprinzipien für StoffeAlltags-
und nutzungsbezogene Kriterien Teilchenstruktur der MaterieDeutung
der Aggregatzustände und ihrer Übergänge mit einem einfachen
Kugelmodell Stoffgemische und einfache TrennmethodenVerfahren
zur Isolierung und Reinigung von Stoffen |
TechnologieGefahrstoffentsorgung
Adsorptionsfilter, Deponierung... |
UmweltWertstoffe |
AlltagLuft
zum Atmen |
FachwissenschaftStoffliche
Zusammensetzung des Gasgemisches Luft |
Verbindliche InhalteLuft als GasgemischNatürliche
Luftbestandteile - quantitative Zusammensetzung Verbrennung als chemische ReaktionOxidation
von Elementen Verbrennungsvorgänge in Alltag und UmweltKohlenstoff
und Wasserstoff als Bausteine von Brennstoffen Luftschadstoffe durch die Nutzung fossiler Brenn-/TreibstoffeEntstehung
von Stickoxid-, Schwefeldioxid-, Ruß- und Kohlenwasserstoffemissionen Gefahren im Umgang mit brennbaren StoffenBedingungen
für Brände und Explosionen Einführung der Formelsprache(vgl.
auch Aufbau von Modellvorstellungen - Einführung der Formelsprache S.
30ff.) |
TechnologieGewinnung,
Transport und Verarbeitung von Energierohstoffen |
UmweltEmissionsfolgen
bei Verbrennungsvorgängen |
² Nur
verbindlich für den gymnasialen Bildungsgang.
³ Nur verbindlich für den gymnasialen Bildungsgang.
AlltagWasser
im Haushalt |
FachwissenschaftIonen
(Ionenbildung und Ionenbindung) |
Verbindliche Inhalte'Wasser' in seinen Erscheinungs- und VerwendungsformenSalze
und Gase als gelöste Inhaltsstoffe von Mineral- und Trinkwasser Lösemittel WasserStruktur
des Wassermoleküls Lösen - Reinigen und Pflegen(Konkretisierung an zwei Beispielen - vier Inhaltsfelder zur Auswahl) A Lotionen, Milch und Cremes in der KörperpflegeAlkanole
und fette Öle als Lösemittel B Wirkung von Seifen und TensidenKernseife
und einfache Waschmitteltenside C Umgang mit Reinigungs- und LösemittelnWaschen
und Reinigen - geschichtliche Betrachtungen D Chlororganische LösemittelEntfettung
in Haushalt, Gewerbe und Industrie |
TechnologieEntfettung
und Entlackung |
UmweltEmissionen
von Lösemitteln Gewässerbelastung durch Wasch- und Reinigungsmittel |
AlltagUmgang
mit verschiedenen Böden im Garten |
FachwissenschaftSäuren
und Alkalien |
Verbindliche InhalteSalze in Natur und TechnikSalzlagerstätten,
Vorkommen von Kalk A Entstehen und Vergehen von KalkgesteinKalkhaltiges Wasser, Wasserenthärtung bzw. -entkalkung B Kalk und Zement als BaustoffeTechnische Aufbereitung, Verhalten von Calciumoxid und -hydroxid Saure und alkalische Reaktion / NeutralisationVerwendung
wichtiger Säuren und Alkalien in Haushalt und Industrie Aufbau und Funktion von BödenInhaltsstoffe
von Böden Herstellung, Zusammensetzung, Wirkung von DüngemittelnTechnische
Verfahren A Großtechnische Produktion von Ammoniak / SalpetersäureHerstellung und Anwendung stickstoffhaltiger Dünger B StickstoffkreislaufElement
Stickstoff in verschiedenen Verbindungen |
TechnologieHerstellung
von Brandkalk, Löschkalk, Zement, Gips |
UmweltStörungen
stofflicher Gleichgewichte: |
AlltagGebrauchsmetalle
- Eisen, Kupfer, Zink, Aluminium als Trägermaterial, Bedachung,
Korrosionsschutz, Verpackung, Schmuck |
FachwissenschaftMetallreihe,
Redoxreihe, Spannungsreihe |
Verbindliche InhalteMetalle im technischen GebrauchEisen, Aluminium und Kupfer im Vergleich - technische Eigenschaften Gewinnung bedeutender Gerbrauchsmetalle(Konkretisierung an einem Beispiel - drei Inhaltsfelder zur Auswahl) A Eisen und StahlAufbereitung
des Eisenerzes, Hochofenprozess als Redoxreaktion B AluminiumProduktion durch Schmelzflusselektrolyse, Rohstoff- und Energiebereitstellung, Rotschlamm-Deponierung C KupferVorkommen, Gewinnung und Aufbereitung von Kupfererzen Oberflächenschutz bei MetallenVerhalten
von Eisen und anderen Metallen gegenüber Luft und Wasser, Elektrochemische VorgängeEdle und unedle Metalle, Elektronenübergänge zwischen Metallen und Ionen in wäßriger Lösung, Begriffsbildung: Redoxreaktion Elektrochemische Spannungsquellen(Konkretisierung an einem Beispiel - zwei Inhaltsfelder zur Auswahl) A Zink/Luft- und Zink/BraunsteinbatterieB BleiakkumulatorWerkstoffe im VergleichEigenschaften,
makromolekularer Aufbau und Verwendung thermo-, |
TechnologieVerfahrenstechnik
der KS-Synthesen und -verarbeitung |
UmweltEnergieeinsatz
und Emissionen bei der Produktion von Gebrauchsgütern Ressourcenfrage: |
vgl. Rpl. Physik, Jgst. 7, Rahmenthema: Unsere Umwelt wahrnehmen II |
Auch in einem themenorientiert angelegten Unterricht, der sich aus weiteren Kategorien als nur der Fachwissenschaft erschließt, ergibt sich für die Anordnung einzelner fachspezifischer Inhalte ein aufbauender Lernprozess. Diesen aufzuzeigen, in seinem Stellenwert für den Chemieunterricht, ist Ziel dieses Kapitels.
Die fachspezifischen Anteile von Chemieunterricht können im wesentlichen in drei Bereiche gegliedert werden:
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Die drei Bereiche werden im folgenden thematisch gegliedert und in ihrer Umsetzung erläutert
Im Anfangsunterricht stehen Betrachtungen von Stoffen und Reaktionen aus der Kontinuumssicht im Vordergrund: Die Untersuchung von Eigenschaften bei einer Vielzahl von Stoffen und die darauf aufbauende Entwicklung von Ordnungsschemata nutzen grundlegende Erkenntnisse des Faches. Bei der Untersuchung von Stoffgemischen werden die Schülerinnen und Schüler mit den wesentlichen Methoden der Trennung und Isolierung von Reinstoffen vertraut gemacht, wobei das Prinzip der Nutzung von Eigenschaftsunterschieden deutlich wird. Hierbei werden neben Ordnungskategorien auch zunehmend fachwissenschaftliche Begriffe eingeführt, die insbesondere im studienqualifizierenden Bildungsgang sukzessive und altersadäquat die bisher umgangssprachliche Beschreibung ersetzen. Die Lernenden müssen dabei von ihren bekannten Vorkenntnissen ausgehen und ihre gewohnte Sprache verwenden können, wenn es nicht zu sinnleeren Formulierungen bei der Beschreibung der ausgewählten Phänomene aus dem Alltag kommen soll.
Die Einteilung fester Reinstoffe in metallische, salzartige, flüchtige, plastische/elastische und diamantartige Stoffe ermöglicht die spätere Entwicklung von Vorstellungen über Strukturen und Bindungsverhältnissen auf submikroskopischer Ebene, die diese Stoffgruppen charakterisieren.
Im Chemieunterricht der Sekundarstufe I werden vor allem
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im weiteren Unterrichtsverlauf betrachtet werden. Zur Deutung der spezifischen Eigenschaft metallischer Stoffe (elektrische Leitfähigkeit) sollte die fächerübergreifende Zusammenarbeit mit Physik angestrebt werden.
Die Einteilung von wässrigen Lösungen in saure, neutrale und alkalische und die Nutzung des pH-Wertes zur Skalierung wird zur späteren Deutung dieser Eigenschaften genutzt. Schülerinnen und Schüler lernen im weiteren Verlauf nicht nur Säuren und Alkalien als Stoffe kennen, die mit Wasser spezifisch reagieren (Kontinuumsebene), sondern auch Wasserstoffionen (Oxoniumionen) und Hydroxidionen als maßgebliche Teilchen (Diskontinuumsebene) und begreifen auf dieser Grundlage Neutralisationsvorgänge. Dadurch wird eine Voraussetzung für das Verständnis funktionaler Säure-Base-Betrachtungen (Donator-Akzeptor-Prinzip) in der gymnasialen Oberstufe geschaffen.
Bereits im Anfangsunterricht erleben Schülerinnen und Schüler, daß sich Stoffe unter der Einwirkung von anderen Stoffen, von Wärme oder von elektrischem Strom verändern. Der Begriff "chemische Reaktion" wird geprägt und fortan auf alle Vorgänge angewandt, bei denen Stoffe verschwinden und gleichzeitig neue Stoffe entstehen (Stoffumwandlung). Vor allem im gymnasialen Bildungsgang werden die dabei ablaufenden Energieänderungen phänomenologisch mitbehandelt, wobei exotherme und endotherme Reaktionen unterschieden werden. Auf dieser Basis lassen sich in der Oberstufe die notwendigen kinetischen und energetischen Vorstellungen vom Verlauf chemischer Reaktionen vermitteln und quantitative Untersuchungen vornehmen.
Im Verlauf des Chemieunterrichts lernen Schülerinnen und Schüler chemische Reaktionen in sehr verschiedenen Betrachtungszusammenhängen kennen:
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Die phänomenologische Behandlung dieser Vorgänge, also das Aufzeigen der neu entstehenden Stoffe und der energetischen Begleitumstände steht im Unterricht der Sekundarstufe I im Vordergrund. Reaktionsschemata mit Stoffnamen, Phasensymbol, Verknüpfungszeichen und Reaktionspfeil werden zur Darstellung chemischer Reaktionen eingeführt und immer wieder benutzt. Später sollten die wahrgenommenen Phänomene unter Zuhilfenahme geeigneter Teilchenmodelle und der Formelsprache dargestellt und damit auf der submikroskopischen Ebene gedeutet werden. So wird langsam der Begriff "chemische Reaktion" um den Aspekt erweitert, daß sich dabei die kleinsten Teilchen der Stoffe selbst verändern, indem sich deren Atome bzw. Ionen voneinander lösen und neu ordnen. Mit der Definition der Redoxreaktion als Elektronenübertragung erfolgt in einem späteren Unterrichtsstadium eine erneute Differenzierung des Begriffs der chemischen Reaktion.
Die Entwicklung der Modellvorstellung zur Struktur der Materie erstreckt sich als aufbauender Lernprozess über alle Schulhalbjahre. Sie darf nicht zu einem thematischen Block innerhalb des Chemieunterrichts werden, sondern sollte als Einführung und Erweiterung zusammenhängender Modellaussagen im Zusammenhang mit Phänomenen, mit den Stoffen und chemischen Reaktionen schrittweise erfolgen. Dadurch wird verdeutlicht, daß alle Modellaussagen immer nur Teilaspekte des komplexen Naturgeschehens erfassen und beschreiben.
Im Anfangsunterricht bilden die Vorgänge beim Lösen von Feststoffen, Flüssigkeiten und Gasen, für Schülerinnen und Schüler zunächst als ein "Verschwinden" von Stoffen wahrnehmbar, einen guten Einstieg, um erste Vorstellungen vom Aufbau der Stoffe zu gewinnen: Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen, die sich beim Lösen im Lösemittel fein verteilt haben und - bei Feststoffen - zuvor aus dem festen Verband abgetrennt haben.
Vor allem aber der Vergleich der Aggregatzustände fest, flüssig und gasig und ihrer Änderungen bietet die Möglichkeit, Stoffe als Systeme kleinster Teilchen (Kugeln in Anlehnung an Dalton) zu begreifen.
Die Lernenden vollziehen hier bereits einen
Wechsel vom erfahrungsbedingten Denken im stofflichen Kontinuum zu einer
Diskontinuumsbetrachtung. Erst dadurch wird das spätere Verständnis der
Strukturen und der chemischen Reaktionen, sowie die Beschreibung mit Formeln und
Gleichungen ermöglicht.
Beim Kennen lernen der Bestandteile der Luft und bei der Deutung von
Verbrennungsreaktionen erfolgen dann wesentliche Begriffsbildungen: Grundstoff
(Elementarsubstanz) bzw. Element / Verbindung als Stofftypen und Atom / Molekül
als deren kleinste Teilchen. Die Modellvorstellung von der Materie wird dabei in
Anlehnung an die Dalton'schen Aussagen weiterentwickelt, so daß eine Einführung
der chemischen Elemente (Symbole, Massen) erfolgen kann.
Auf der Basis der Verbrennungsreaktionen einiger metallischer und nichtmetallischer Grundstoffe/Elemente mit Sauerstoff, also überschaubarer Prozesse zu binären Verbindungen, wird in die Formelsprache eingeführt. Unterstützt durch geeignete Kugel-Steck-Modelle oder bildliche Darstellungen kann der innere Aufbau molekularer Stoffe betrachtet und durch Strukturformeln dargestellt werden, ohne jedoch an dieser Stelle auf die Elektronenpaarbindung einzugehen.
Zu beachten ist, daß den isoliert betrachteten,
kleinsten Teilchen nie Eigenschaften zugeordnet werden, die vorher aus dem
makroskopischen Bereich bekannt waren. Der Unterschied zur Abkürzung muss
erarbeitet werden und wird dann besonders leicht verstanden, wenn räumliche
Strukturen bildhaft dargestellt und über anschauliche Modelle zur chemischen
Symbolik reduziert werden.
Im Mittelstufenunterricht kann eine konsequente erkenntnisorientierte Hinführung
zum Atommodell aus zeitlichen Gründen kaum erfolgen. Deshalb ist die
experimentelle Herleitung der chemischen Grundgesetze keine verbindliche Vorgabe
dieses Rahmenplanes.
Die wesentlichen Aspekte der Teilchenstruktur werden vom Unterrichtenden häufig als Angebote zum Deuten und Verstehen vorzugeben sein, um die notwendige Zeit für andere wichtige Schwerpunkte zu gewinnen.
Doch ergeben sich im Rahmen der vorgegebenen Inhalte - unter Wahrung des exemplarischen Prinzips - immer wieder Möglichkeiten, mit den Schülerinnen und Schülern Denkvorstellungen zum Feinbau der Materie forschend zu entwickeln:
Bei der Untersuchung von Wasser und wässrigen Lösungen werden Phänomene betrachtet, deren Verständnis einen tieferen Einblick in die Strukturen der Materie erfordert. Ionen (Anionen und Kationen) als Bestandteile von Lösungen und als Bausteine der Salzkristalle werden kennen gelernt. Elektrolyse-Versuche sollten zur Grundlegung des Ionenbegriffs herangezogen werden. Ausgehend vom Verhalten der Ionen zueinander und gegenüber einer Gleichspannung werden die wesentlichen Aussagen über den Feinbau der Atome zusammengestellt:
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Weitergehende Betrachtungen, etwa die Anordnung
der Elemente im Periodensystem und die sich im Zusammenhang mit der Oktettregel
ergebenden Möglichkeiten zur Interpretation von
Reaktionsursachen und Bindungsverhalten, haben nur im gymnasialen Bildungsgang
als vertiefende Unterrichtsinhalte Bedeutung. Eine eingehende Betrachtung von
Elementfamilien des Periodensystems der Elemente bleibt entbehrlich.
Die weitreichendsten Strukturbetrachtungen werden am Wassermolekül vorgenommen. Überlegungen zum Bau des Wassermoleküls (H2O als Formel ist bereits bekannt) nutzen das erarbeitete Kern-Hülle-Atommodell. Die räumliche Anordnung der Atome im Molekül, Bindungsrichtung und -winkel werden mit Hilfe eines Tetraedermodells erläutert (bindende und nicht bindende paarweise Anordnung der Elektronen, Abstoßung der Elektronenpaare) und bedeuten damit auch eine Erweiterung der bisherigen Modellbetrachtung.
Während im Bildungsgang der Hauptschule der
Dipolcharakter des Wassers nur phänomenologisch behandelt werden kann, bietet
gerade dieses Phänomen für die Zielsetzungen des Mittleren Bildungsganges, vor
allem für den Bildungsgang Gymnasium, interessante Vertiefungsmöglichkeiten:
Die Erklärung von Ladungsverschiebungen im Bereich der bindenden
Elektronenpaare einerseits und im gesamten Molekül andererseits erlaubt es,
Wasser, Alkohole, Kohlenwasserstoffe und andere Lösemittel in ihrem Verhalten
gegenüber den zu lösenden Stoffen zu verstehen.
Mit der Herstellung des Zusammenhanges zwischen Strukturmerkmalen und
Stoffeigenschaften wird eine prinzipielle Arbeitsweise in der Chemie aufgezeigt.
Neben der Betrachtung polarer und unpolarer Lösemittel ist diese Korrelation beim Vergleich der Mischbarkeit verschiedener Alkanole mit Wasser und Benzin, bei der Wirkungsweise waschaktiver Stoffe (Seifen, Tenside) und ansatzweise beim Vergleich thermoplastischer, elastischer und duroplastischer Kunststoffe entsprechend ihrer unterschiedlichen Komplexität auch nachvollziehbar.
So werden die Schülerinnen und Schüler nach und nach an eine wesentliche, naturwissenschaftliche Vorgehensweise gewöhnt - an das Aufsuchen von Deutungsmustern für Eigenschaften und Verhalten von Stoffen auf der Ebene submikroskopischer Betrachtungen.
Folgende Links führen auf Einzelseiten der Rahmenthemen.
Jahrgangsstufe |
Rahmenthema |
Stoffe
- Ordnung in der Vielfalt |
|
Feuer
- im Gebrauch |
|
Lösemittel
Wasser |
Wenn sich der Anfangsunterricht Chemie den Stoffen in ihrer beinahe unbegrenzten Vielfalt zuwendet, so muss er zunächst Merkmale des Unterscheidens und Kriterien der Ordnung und Klassifizierung erarbeiten.
Prinzipien der Ordnung von Gegenständen und Materialien sind den Schülerinnen und Schülern aus den Bereichen Haushalt, Werkstatt oder Supermarkt bekannt: Nutzungsform, Haltbarkeit, Verträglichkeit mit anderen Materialien oder Gefährlichkeit sind Kriterien der Aufbewahrung, denen definierte Stoffeigenschaften zugrunde liegen. Auch an der Nahtstelle zwischen Benutzung und Beseitigung von Materialien, also bei der Abfallsortierung werden stoffliche Ordnungsprinzipien deutlich.
Eine Auswahl von Stoffen aus dem Erfahrungsbereich der Schülerinnen und Schüler sollte vergleichend betrachtet und beschrieben werden. Glas, Holz, Gummi, Eisen, Kunststoff, Kork, Stein, o.ä. können als Ansammlung von Werkstoffen oder auch Abfallstoffen dargeboten werden.
In einer dreistufigen Vorgehensweise werden die Stoffeigenschaften erschlossen:
· Erfassen mit den Sinnen: Farbe, Glanz, Durchsichtigkeit, Geruch, Oberflächenstruktur
· Materialprüfung: Härte (Ritzbarkeit), Dichte, elektrische Leitfähigkeit
· Untersuchung des Verhaltens gegenüber Lösemitteln, beim Erhitzen und bei Rotteversuchen
Die Sicherheitserziehung nimmt an dieser Stelle einen breiten Raum ein: Der gefahrlose Umgang mit dem Gasbrenner und anderen Wärmequellen, der Schutz vor Verbrennungen, und Verpuffungen, vor Siedeverzug und Herausschäumen wird ebenso eingeübt wie die Handhabung der Sicherheitsvorkehrungen (Gaszufuhrsperre, Brandschutz, Fluchtwege).
Alle Beobachtungen, Untersuchungen und Messungen ermöglichen eine definierende Stoffbeschreibung. Sie dienen auch der Identifizierung unbekannter Stoffe sowie zur Unterscheidung zwischen Reinstoffen und Stoffgemischen. Ähnlichkeiten bei den Eigenschaften zeigen stoffliche Verwandtschaft und führen zu Klassifizierungen: Feststoffe/Flüssigkeiten/Gase, wasserlösliche/unlösliche Stoffe, brennbare/nicht brennbare Stoffe, Leiter/Nichtleiter.
Beschränkt man sich auf den Vergleich fester
Reinstoffe, so ist nach den Eigenschaftskombinationen eine Klassifizierung in
Metalle, salzartige, flüchtige, plastische... Stoffe möglich.
Stoffliche Veränderungen, wie sie bei Verbrennungsvorgängen, bei Kontakt mit
Luft oder Wasser oder bei Rotteversuchen ablaufen, werden als chemische
Reaktionen definiert.
Die Vorgänge beim Lösen von Feststoffen, Flüssigkeiten und Gasen, für Schülerinnen und Schüler zunächst als ein "Verschwinden" von Stoffen wahrnehmbar, bilden einen guten Einstieg, um erste Vorstellungen vom Aufbau der Stoffe zu gewinnen: Stoffe bestehen aus kleinsten Teilchen, die sich beim Lösen im Lösemittel fein verteilt haben und - bei Feststoffen - zuvor aus dem festen Verband gelöst haben.
Vor allem aber der Vergleich der Aggregatzustände
fest, flüssig und gasförmig und ihrer Änderungen bietet die Möglichkeit,
Stoffe als Systeme kleinster Teilchen zu begreifen.
Stoffgemische bestimmen in weitaus größerem Maße den jugendlichen
Erfahrungshorizont als Reinstoffe. Um so interessanter ist es für Schülerinnen
und Schüler, Stoffgemische zu trennen und Reinstoffe zu isolieren.
Grundlegende, häufig wiederkehrende Arbeitsmethoden wie Sedimentieren,
Dekantieren, Filtrieren, Abdampfen und Destillieren werden eingeübt.
Experimentelles Erfahren, wie etwa bei der Kristallzüchtung, der Extraktion
eines Duft- oder Farbstoffs oder bei der Destillation von alkoholischen Lösungen,
ist immer Ausgangspunkt für Vergleiche mit Alltagsanwendungen oder großtechnischen
Prozessen: Salzgewinnung, Milchverarbeitung, Waschen und Reinigen,
Branntweinproduktion usw. Das Prinzip der Stofftrennung wird dabei jeweils auf
die Ausnutzung von Eigenschaftsunterschieden zurückgeführt.
Macht man den Umgang des Menschen mit Abfallstoffen zum thematischen Schwerpunkt, so lassen sich viele der angesprochenen Unterrichtsinhalte im Zusammenhang erarbeiten. Voraussetzung für eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Abfallbewirtschaftung ist eine Sortierung, die auf der Unterscheidung von Stoffeigenschaften beruht, und die sich gut im Unterricht einüben lässt. Auf diese Weise werden auch großtechnische Anwendungen der Abfalltrennung durch Windsichter, Magnetabscheider, Siebe, Flotation und Zentrifugen begreifbar. Zur Erweiterung können Untersuchungen zur Rottefähigkeit und/oder Brennbarkeit einzelner Abfallstoffe als Grundlage für die vergleichende Betrachtung der verschiedenen Abfallbeseitigungsformen (Deponierung, Verbrennung, und Kompostierung) durchgeführt werden, wobei auch die Gefahren eines Stofftransfers in die Atmosphäre, in die Gewässer oder in den Boden erkannt werden können.
Das Rahmenthema Sauerstoff als Partner setzt sich zunächst mit der Luft auseinander, wobei von allen Luftbestandteilen das Interesse vor allem dem Sauerstoff gilt. Er ist für Mensch und Tier lebensnotwendig und dient als Reaktionspartner für alle wesentlichen Verbrennungsvorgänge, die uns Energie in Form von Licht, Wärme und Mobilität zur Verfügung stellen.
Zwangsläufig ergibt sich ein Betrachtungszusammenhang zwischen der Luft einerseits und Verbrennungs-(= Oxidations-) reaktionen andererseits, zumal auch die meisten Verbrennungsprodukte als Gase in die Atmosphäre gelangen und dort im Verein mit anderen Schadstoffen große Probleme verursachen.
Als Grundlage für das Verständnis von Verbrennungsvorgängen im häuslichen Alltag und in der Technik (die ein eigenes Rahmenthema im folgenden Schulhalbjahr bilden) wird experimentell die Rolle des Sauerstoffs als Partner bei der Verbrennung erarbeitet.
Verbrennungsreaktionen einiger Grundstoffe und ihre Reaktionsprodukte werden kennen gelernt und verglichen: Metalle wie Magnesium und Eisen (als Stahlwolle) und Nichtmetalle wie Kohlenstoff (vereinf. als Holzkohle), Schwefel und Wasserstoff. Dabei werden diese Vorgänge als Oxidationen typisiert. Unter Verwendung der Stoffnamen lassen sie sich als Reaktionsschemata formulieren.
Auf der Basis dieser überschaubaren Prozesse und einfachen (binären) Verbindungen erfolgen die wichtigen Begriffsbildungen Grundstoff / Verbindung und Atom / Molekül.
Bildet die Oxidation von Metallen im Unterricht einen Schwerpunkt, sollte das unterschiedliche Reaktionsbestreben verschiedener Metalle gegenüber Sauerstoff untersucht werden. Alltagserfahrungen im Umgang mit edleren und unedlen Metallen lassen sich mit den experimentellen Erkenntnissen verknüpfen. Die Langlebigkeit metallischer Werkstoffe, Schmuckmetalle und die Verwendung metallischer Überzüge als Korrosionsschutz sollten in diesem Zusammenhang angesprochen werden.
Das Rahmenthema Feuer im Gebrauch knüpft an grundlegende Kenntnisse über Verbrennungsvorgänge und über die Rolle des Sauerstoffs bei diesen Reaktionen an. Zu Beginn dieses Halbjahres stehen solche Stoffe und Reaktionen im Mittelpunkt der Betrachtung, die in Haushalt und Technik zur Bereitstellung von Energie in Form von Wärme, Licht oder Bewegung dienen.
Alltägliche Verbrennungsvorgänge wie die Flamme eines Feuerzeugs, einer Kerze oder eines Gasbrenners werden in ihrem Chemismus begreifbar (Entzündung, Luftzufuhr, Funktion des Dochts, Rußentstehung), die Verbrennungsprodukte lassen Rückschlüsse auf die Bausteine der Moleküle von Paraffin, Propan oder Erdgasbestandteilen zu.
Im Rahmen der Sicherheitserziehung sollte der Umgang mit brennbaren Stoffen und Feuer sowie die Bekämpfung von Bränden thematisiert werden. Die Eignung verschiedener Löschmittel und die Anwendung bestimmter Löschtechniken lässt sich sowohl durch geeignete Versuche als auch durch die Auswertung von Berichten vermitteln.
Bei der energetischen Betrachtung von Verbrennungsvorgängen können durch die Wahl der technologischen Anwendungsbeispiele unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden: Ein Kraftwerk (Kohle-, Öl- oder Gas-), ebenso die Heizanlage zuhause oder in der Schule sind geeignete Objekte, um die Energieumformungen mit ihren Nebeneffekten ("Abwärme") zu verdeutlichen. Chemische (als in den Stoffen gespeicherte) Energie wird in die Begriffsreihe anderer Energieformen (Elektrizität, Wärme, Licht ... ) eingereiht. Auch am Beispiel des Automobils kann der Einsatz von chemischen Energieträgern (Benzin, Diesel) thematisiert werden. Nicht die technischen Details der Motors, sondern die stofflichen Vorgänge (z.B. in Form einer input-output-Betrachtung) stehen im Vordergrund. Dabei ist auch auf die Entstehung von Luftschadstoffen beim Einsatz von Brennstoffen und Treibstoffen, sowie auf die Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung und -rückhaltung einzugehen.
Auf die Entstehung und Ausbeutung von Lagerstätten fossiler Brennstoffe sollte in Absprache mit dem Fach Erdkunde erfolgen. Bei entsprechender Schwerpunktsetzung können die Schülerinnen und Schüler den erdgeschichtliche Prozess der Inkohlung, die Herstellung von Holzkohle, die Verarbeitung von Erdöl zu Benzin und anderen Stoffen kennen lernen und die Notwendigkeit eines verantwortlichen und sparsamen Umgangs mit fossilen Energieträgern erfahren.
Innerhalb des zweiten Rahmenthemas werden nun Werkstoffe, allen voran Eisen und Kupfer als Gebrauchsmetalle und Kunststoffe, die für zahlreiche Gebrauchsgüter und als Verpackungsmaterialien Verwendung finden, in einer Betrachtung gegenübergestellt.
Dabei gibt es mehrere inhaltliche Anknüpfungspunkte
an das Rahmenthema Sauerstoff als Partner:
Zum einen stellt der Hochofenprozess, bei dem Eisen mittels Kohle aus oxidischen
Rohstoffen gewonnen wird, die großtechnische Anwendung einer Sauerstoffübertragungs-Reaktion
dar (bei der Gewinnung von Kupfer aus oxidischen und sulfidischen Erzen finden
vergleichbare Reaktionen statt). Zum anderen bietet gerade das
Reaktionsbestreben dieser metallischen Werkstoffe gegenüber Sauerstoff ein
bedeutendes Kriterium für ihre technische Verwendung.
Bei der vergleichenden Betrachtung metallischer Werkstoffe (Eisen, Kupfer, bei entsprechender Schwerpunktsetzung auch Aluminium, Zink und Blei) stehen zunächst die stofflichen und technischen Eigenschaften sowie ihre Beständigkeit und ihre Verwendung im Vordergrund. Für ein ausgewähltes Beispiel ist der Herstellungsprozess aus den mineralischen Rohstoffen zu erarbeiten.
Im vorausgegangenen Rahmenthema haben Schülerinnen und Schüler Stoffe betrachtet, die als Energieträger aus dem Erdöl gewonnen werden. Die Vorstellung bestimmter Erdölkomponenten als Ausgangsstoffe für Makromoleküle greift diese Thematik auf und eröffnet den Zugang zu den Kunststoffen, einer Stoffgruppe, die zu den bedeutenden Werkstoffen unserer Zeit gehört. Die stoffliche Vielfalt und Anwendungsbreite von Kunststoffen erfordert eine strenge Beschränkung auf wesentliche Aspekte dieser Werkstoffklasse. Lediglich Strukturmerkmale, Eigenschaften und einige exemplarische Verwendungsbereiche sind hier zu erarbeiten. Bei den modernen Verfahren der Kunststoffverarbeitung können Schülerinnen und Schüler in Betrieben und nachvollziehbar im Experimentalunterricht Einblicke in die Nutzung stoffspezifischer Eigenschaften (Thermoplastizität, Elastizität ...) gewinnen.
Der Zusammenhang zwischen makromolekularer Struktur und Plastizität, zwischen Vernetzungsgrad und Verhalten bei thermischer Beanspruchung ist durch Modelle zu verdeutlichen, ohne auf die innere Molekülstruktur näher einzugehen. Auf die Gesundheitsgefährdung durch Monomeremissionen bei der Produktion und beim Gebrauch bestimmter Kunststoffe ist hinzuweisen.
Gleich ob man stofflich einfache Gebrauchsgüter (z.B. Behältnisse oder Verpackungen oder hochkomplexe Gegenstände wie Kraftfahrzeuge) vergleichend betrachtet, immer wird deutlich, daß die Auswahl des Werkstoffs nach Kriterien der Eignung, also der spezifischen Eigenschaftskombinationen und nach ökonomischen Gesichtspunkten erfolgt. Metalle, Kunststoffe, Glas und einige Naturstoffe sind in vielen Fällen wechselseitig substituierbar. Schülerinnen und Schüler können die Gründe für diese Substitutionen durch den Vergleich der relevanten Stoffeigenschaften erkennen.
In einigen Bereichen spielen aber auch Auswahlkriterien für Werkstoffe eine Rolle, die den gesellschaftlichen Wertewandel widerspiegeln. Der in Industrie und Gewerbe derzeit stattfindende Wandel von der Rohstoffwirtschaft zur Recyclingwirtschaft muss an dieser Stelle in den Unterricht einbezogen werden. Schülerinnen und Schüler müssen erkennen, daß die Inwertsetzung eines Stoffes nicht damit endet, daß er zum Abfall wird. Hier knüpft der Unterricht an Inhalte aus dem vorherigen Halbjahr (Abfallbeseitigung ...) an.
An den aktuellen Fragen der Abfallverwertung lassen sich für alle wichtigen Werkstoffgruppen eigenschaftsabhängige Recyclingprozesse behandeln. Sie sind sowohl für Hausmüllbestandteile als auch für größere komplexe Güter (Kraftfahrzeuge, Bleiakkumulatoren o.ä.) darstellbar. Dabei wird ein Vergleich zwischen metallischen Werkstoffen und Kunststoffen zeigen, daß die Recyclingverfahren technologisch unterschiedlich ausgereift sind, daß erhebliche Schwierigkeiten existieren, Kunststoffe sortiert zu erfassen und als Sekundärrohstoffe einzusetzen.
In diesem Halbjahr werden Prozesse behandelt,
bei denen verschiedene Flüssigkeiten mit ihren lösenden, waschenden und
vermittelnden Eigenschaften eine zentrale Rolle spielen, allen voran das Wasser,
das durch seine Allgegenwart und Vielseitigkeit eine herausragende Stellung
einnimmt.
Es besitzt aufgrund seines molekularen Dipolcharakters Eigenschaften als Lösemittel
für Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe. Als Einstieg in das erste Rahmenthema
Lösemittel Wasser bietet sich die Gegenüberstellung und der Vergleich
verschiedener Erscheinungs- und Verwendungsformen des Wassers an:
Leitungswasser, Regenwasser, Mineralwasser, demineralisiertes bzw. destilliertes
Wasser, Grundwasser, Abwasser, Waschwasser.
Die Eigenschaften dieser unterschiedlichen Lösungen, auch ihre Eignung als Trinkwasser werden immer durch die gelösten Stoffe und weniger durch das Wasser selbst bestimmt. Fragen der Trinkwassergewinnung und -aufbereitung lassen sich im Zusammenhang mit dem natürlichen Wasserkreislauf behandeln und als bisweilen folgenreiche Eingriffe in die Ökosphäre interpretieren.
Besonders eindrucksvoll werden die lösenden Eigenschaften des Mediums Wasser am Beispiel Mineralwasser aufgezeigt: Die Löslichkeit von Gasen (hier: Kohlenstoffdioxid) kann in ihrer Abhängigkeit von Temperatur und Druck untersucht werden. Die gelösten Mineralsalze lassen sich durch Eindampfen auskristallisieren.
Schülerinnen und Schüler lernen auf diese Weise Ionen als Bestandteile der Lösung und als Bausteine der Salzkristalle kennen. Mit der Einführung des Ionenbegriffs muss die Modellvorstellung der Teilchen um den Ladungsbegriff erweitert werden. Eine Betrachtung der Feinstruktur der Atome auf der Basis eines Kern-Hülle-Modells kann nicht vorgenommen werden. Vielmehr beschränken sich die Strukturbetrachtungen auf ein undifferenziertes Kugelmodell für die kleinsten Teilchen, in diesem Fall für die Anionen und Kationen.
Einfache Strukturbetrachtungen am Wassermolekül (seinen geladenen Bruchstücken Wasserstoffion und Hydroxidion) ermöglichen die Auseinandersetzung mit Säuren und Alkalien. Phänomenologisch lernen die Schülerinnen und Schüler den sauren, neutralen und alkalischen Charakter wässriger Lösungen kennen. In diesem Zusammenhang erlernen sie auch die Anwendung von pH-Indikatoren und die Zuordnung der pH-Skala. Reaktionen von Metalloxiden, sowie von Kohlenstoffdioxid, Schwefeldioxid o.ä. mit Wasser zeigen die Entstehung von alkalischen bzw. sauren Lösungen.
Wasserstoffionen und Hydroxidionen bestimmen durch ihr Konzentrationsverhältnis den Charakter wässriger Lösungen. Säuren und Alkalien sind demnach als Stoffe zu definieren, die die Konzentration der Wasserstoffionen bzw. der Hydroxidionen erhöhen. Diese Begriffsbildung sollte auch den Vorgang der Neutralisation umfassen. Auf der Grundlage dieser einfachen Reaktionen wird die Luftverschmutzung durch Schwefeldioxid und Stickoxide, sowie die Entstehung des sauren Regens thematisiert. Auf die Folgen für die Böden, Gewässer und Wälder, aber auch für die Beschädigung von Baudenkmälern wird hingewiesen.
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse und Erfahrungen bieten sich jetzt mehrere Ansatzpunkte, um den Kalk, einen der wichtigsten salzartigen Stoffe in Natur und Technik zum zentralen Unterrichtsgegenstand zu machen. In gelöster Form ist er häufig mineralischer Hauptbestandteil der Trink- und Mineralwässer, bereitet als "Härtebildner" bei der Warmwasserbereitung sowie beim Waschen und Reinigen in Haushalt und Technik zahlreiche technische Probleme.
Die Reaktion von Wasser und Kohlenstoffdioxid mit Kalkstein, also seine Verwitterung und seine Neubildung in zahlreichen Erscheinungsformen, ist einer der bedeutsamsten geologischen Stoffkreisläufe. Anknüpfend an das erste Rahmenthema dieses Halbjahres soll an dieser Stelle das Zusammenspiel von Säure und Kalk als Neutralisationsvorgang erläutert werden, dessen praktische Relevanz in der Kompensationskalkung der Wälder, der Düngekalkung von Ackerböden aber auch der Rauchgasentschwefelung zu verdeutlichen ist.
Die technische Bedeutung des Kalks im Bauwesen sollte durch Betrachtung der Nutzungsfolge Brennen - Löschen - Abbinden herausgearbeitet werden. Diese Vorgänge können praktisch gut nachvollzogen und in ihrem Chemismus vereinfacht erklärt werden. In Bezug auf die Herstellung und die spezifischen Einsatzbereiche sind Vergleiche zu den Baustoffen Gips und Zement anzustellen. Abschließend sollte die Entstehung von Gips, Kalk und anderen Mineralsalzen wie Steinsalz und Kalisalze durch das Eintrocknen von Flachmeergebieten betrachtet werden, wobei die Schülerinnen und Schüler auch die heutige Bedeutung von Salzlagerstätten, ihre Ausbeutung und Sekundärnutzung als Untertagedeponie erfahren.
Die detaillierte Betrachtung von Lösemitteln erfordert innerhalb des Rahmenthemas Waschen und Reinigen eine klare Schwerpunktsetzung. Ausgangspunkt sind in jedem Fall die Erfahrungen bei Mischungsversuchen von Wasser mit Mineralölen und Pflanzenölen. Bei entsprechenden Versuchsreihen werden benzinähnliche Substanzen, Alkanole und fette Öle vorgestellt und in ihrem Mischbarkeitsverhalten gegenüber Benzin bzw. Wasser verglichen. Strukturbetrachtungen knüpfen an Inhalte des vorausgegangenen Halbjahres an (® Kohlenwasserstoffverbindungen) und führen zu Erkenntnissen über wasserfreundlichen oder -feindlichen Charakter von Lösemitteln. Die Bedeutung von Hydroxylgruppen und Kohlenwasserstoffketten ist in einem Vergleich verschiedener Alkohole (z.B. Methanol - Ethanol - Butanol - Glyzerin) erkennbar.
Fette und andere Schmutzstoffe können wegen des unpolaren Molekülcharakters in Wasser nicht gelöst werden. Da Wasser dennoch in den meisten Fällen als Waschflüssigkeit dient, muss ein Waschmittel bzw. Reiniger als ´Vermittler´ dienen. Kenntnisse über den Aufbau und die Wirkungsweise von Seifenteilchen und Tensiden ermöglichen ein tieferes Verständnis des Waschvorgangs, einem alltäglichen und vertrauten Umgang mit Chemie. Die notwendigen modellhaften Strukturbetrachtungen beschränken sich auf einfache Darstellungen (Stäbchenmodelle).
Andere Reinigungsprozesse wie die kosmetische Anwendung von Emulsionen, Ethanol-Wasser-Gemischen oder Ölen, wie die Reinigung und Entfettung in der Metallverarbeitung oder sog. chemische Reinigung von Textilien sind als weitere Beispiele für die Wirkung unpolarer Lösemittel zu nennen.